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Q U E R S P A L T E Leithammel Wohlrabe

■ Vom Parlamentspräsidenten und seinen Verwirrungen

Soll nun doch alles umsonst gewesen sein? Da ist es nun in aufsehenerregenden Prozeduren gelungen, das Abgeordnetenhaus von jeglichen alternativen VizepräsidentInnen zu befreien: AL-Frau Hilde Schramm gab das hohe Amt zurück, weil ihr vor vier Wochen in der Plenarsitzung ein schwerwiegender Formfehler unterlaufen war. Und doch kam es am Donnerstag abend zu vorgerückter Stunde wieder zu einem Tohuwabohu, nachdem diesmal ausgerechnet Parlamentspräsident Wohlrabe dem sein Amt nach eigenem Bekunden doch soviel Spaß bereitet - einen Fehler begangen hatte.

Wieder mußte eine Sitzung unterbrochen werden, als kurz nach 21 Uhr ein völlig paradoxes Abstimmungsergebnis zustande gekommen war. SPD und AL hatten einem Antrag der CDU zugestimmt, die vom Senat ausgesetzten Zahlungen an die Zentrale Erfassungsstelle für DDR-Gewalttaten in Salzgitter wiederaufzunehmen. Die Verwirrung der Abgeordneten hätte kaum größer sein können, hatte doch Präsident Wohlrabe aus Versehen ein falsches Papier zur Abstimmung gegeben. Das bedeutete: wer dafür war, mußte dagegen stimmen. Oder umgekehrt? Nach einer Sitzung des Ältestenrates ließ Wohlrabe schließlich über ein Verfahren namens „Hammelsprung“ die Beschlußfähigkeit des hohen Hauses feststellen. Gleich Schafen müssen die Abgeordneten durch Ja - bzw. Nein-Türen den Saal wieder betreten und werden dabei gezählt. Der Fehler sei Wohlrabe wegen Unaufmerksamkeit seiner Berater unterlaufen, hieß es gestern. Der frischgekürte Parlamentssprecher Gentsch umschrieb das gegenüber der taz mit den Worten: „In der fortgeschrittenen Stunde war die Aufmerksamkeit nicht mehr die größte.“ Eine wohlwollende Umschreibung für den meist fortgeschrittenen Alkoholkonsum zu fortgeschrittener Stunde?

Kordula Doerfler

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