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„RECHTS IST RICHTIG“

■ Eine satirische Betrachtung über den Wahlkampf 90 am Rand bundesdeutscher Autobahnen

Mit charmantem Lächeln betört eine Schöne die Autofahrer, deutet dezent mit dem Zeigefinger in Richtung Straßengraben und verkündet, während sie selbst fast aus dem Plakat kippt, ihre frohe Botschaft: „Rechts ist richtig. Danke Partner.“

Wer steckt hinter der großangelegten Plakataktion, die die Deutschen auf die richtige Spur bringen soll? Auf den Plakaten selbst firmiert die Berufsgenossenschaft und die Aktion „Hallo Partner, danke schön“. Doch der doppelsinnige Slogan legt die Vermutung nahe, daß sich dahinter eine raffinierte Werbestrategie der Unionsparteien verbirgt, die vor den Wahlen 1990 ihren politischen Kurs im Bewußtsein der Bevökerung verankern wollen.

Die SPD jedenfalls will dieser Gehirnwäsche am Rand der Bundesautobahnen nicht länger tatenlos zusehen. Johannes Rau, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, dazu: „Sicherlich ist es auch ein Anliegen der SPD, die Verkehrsteilnehmer zum Rechtfahren zu bewegen. Aber ist diese Kampagne nicht eine Diffamierung der Linksfahrer? Wir zeigen doch auch nicht allen Unternehmern, die mit ihren schweren Wagen auf der Überholspur vorbeibrausen, den Vogel! Und überhaupt - wer fährt denn rechts? Doch hauptsächlich die kleinen Leute mit ihren Kleinwagen. Unsere Wähler brauchen keine Belehrung am Straßenrand!“

Die infame Vereinnahmung des Rechtsfahrgebotes ausgerechnet durch die jedes Tempolimit ablehnende Union sieht auch die SPD-Verkehrsexpertin Hertha Gabler-Schmolz als massive Wählerbeeinflussung, als Mißbrach der StVO für politischen Zwecke. „Wer rechts fährt, kann beruhigt links wählen“, meint sie und kündigt geeignete Gegenmaßnahmen ihrer Partei an, mit denen die SPD verlorengegangenes Terrain wieder zurückholen will. Insider munkeln bereits von dem in der SPD -Zentrale heißdiskutierten Slogan „Linksfahrer - faire Partner beim Überholen“.

Angesichts des sich ausweitenden Straßengrabenkampfes sehen sich auch die anderen politischen Parteien gezwungen, „ihre“ Slogans am Straßenrand zu plazieren. Seit die Grünen - von jeher mit dem Auto auf Kriegsfuß - mit der Devise „Radeln statt rasen“ die Bundesbürger für eine Fahrt ins Grüne begeistern wollen, mochte auch die FDP nicht länger tatenlos der neuen Entwicklung zusehen: Mit ihrem Slogan wollen die Freidemokraten typisch liberale Akzente in den Straßengraben setzen, er soll in bester liberaler Tradition partnerschaftliches Fahrverhalten unterstützen, ohne mit erhobenem Zeigefinger den Spaß am Fahren zu verbieten. Sicherlich die schwierigste Aufgabe, nachdem beide Spuren schon von den großen Parteien und der Randstreifen von den Grünen besetzt sind:

Die Empfehlung, auf dem Mittelstreifen zu fahren, schien der Parteispitze denn doch zu gewagt. Eine Lösung des alten FDP-Dilemmas bot erst die Rückbesinnung auf das klassische Kredo der Liberalen „Laisser faire - laisser aller“. Die deutsche Fassung, die demnächst die Herzen der Autofahrer im Sturm erobern soll und vielleicht erstmals echte Liberalität auf Deutschlands Straßen bringen wird, lautet: „Fahren - und fahren lassen“. Wer wollte dem widersprechen?

Rüdiger Kind

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