: Immer verständlich
■ betr.: taz vom 31.3.90, S.1
Betr.: taz, 31. 3., S. 1
Hiermit möchte ich mein Befremden über Ihren Artikel vom 31.3. zur Veranstaltung in der Gethsemane-Kirche zum Ausdruck bringen. Ich konnte die Veranstaltung leider weder live noch am TV miterleben und war erst'al sehr froh, in der taz einen Bericht zu sehen. Umso enttäuschter fand ich mich, als ich merkte, daß hier nicht inhaltlich informiert wurde. Volker Brauns Auftreten z.B. wurde als „verschroben“ charakterisiert. Wurde man ihm damit tatsächlich gerecht?
Diese Charakterisierung trifft aber auch ein ghenerelles Problem vieler Künstler. Muß und Kann (in diesem fall) der Schriftsteller jedes Werk so schreiben, daß es für jeden augenblicklich verständlich ist? In jedem Fall wird es sein Anliegen sein, verstanden zu werden. In erster Linie aber wird ihm die Äußerung seiner Überzeugung, sein Sich -Einmischen wichtig sein. Und über Jahre hin hat sich wohl gerade Volker Braun aktiver als viele andere eingemischt. Nun tut der Schriftsteller das vor allem durch das medium Literatur. In diesem fall ist er eine art Facharbeiter für Literatur, ein Spezialist. verstehen wir alle ingenieurtechnischen Vorgänge? Warum aber maßen wir uns an, mühelos Literatur beurteilen zu können?
Wahrscheinlich ohne es zu wollen, liefert der Artikel einer gesellschaftlichen gruppe Zündstoff, der er gewiß nicht zuarbeiten möchte. Es ist momentan nämlich wieder das Anwachsen einer gewissen „Intellektuellenfeindlichkeit“ spürbar, vor der gerade wir Deutschen Grund hätten, uns zu hüten. Diese Richtung ergibt sich aus der Anlage beginnend mit dem oberflächlichen Einordnen der Schriftsteller bis zu dem Punkt, da V. Brauns Episode aus Frankreich erwähnt wird. Ob es klug war (von „gerecht“ ganz zu schweigen), diese Richtung anzudeuten und aus dem gesamten
Abend herauszugreifen?
B. Klamann, Berlin
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