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Glassteine

■ betr.: "taz vom 27.3., R. Loske

Betr.: taz vom 27. 3., R. Loske

Mit großem Interesse las ich den Artikel „Wer im Glashaus sitzt, soll Steine schmeißen“ von R. Loske, der an verschiedenen Punkten zu kritischer Diskussion herausfordert, ich möchte mich auf einen konzentrieren: R. Loske hält es für notwendig, daß sich grüne Grüne und rote „Grüne“ voneinander trennen. „Das würde Klarheit und Wahrheit fördern sowie die politische Konkurrenz beleben.“

Was unterscheidet die Roten von den Grünen? Wichtig scheint mir, zuerst nach dem Ziel der jeweiligen Politik zu fragen, danach nach dem vorgeschlagenen Weg zu diesem Ziel. Linke Politik, die angesichts der heutigen Welt den Sieg einer Klasse über eine andere zum Ziel hat - also tatsächlich „in Klassenfragen steckenbleibt“ - wird kaum zur Lösung der akuten Menschheitsprobleme beitragen können, aber darin erschöpft sich linke Politik wohl nicht. Letztlich sind sich Grüne und Linke in ihrem Ziel sehr verwandt: Eine humanistische Gesellschaft, eine Gesellschaft, in der Mitmenschlichkeit wichtiger ist als der Drang nach Konsum. Auch über den Weg scheint grundsätzlich Einigkeit zu bestehen: „mehr Demokratie als Voraussetzung für ökologischen Umbau“.

Wo also steckt das Problem, welches verhindern könnte, daß Grüne und Linke politisch zusammengehen? Nur wenn beide Seiten die Vielschichtigkeit ihrer Aufgabe gänzlich akzeptieren und darauf

ihre Konzepte gründen, haben sie Aussicht auf Erfolg, hat die Menschheit Aussicht auf Überleben und neuen Aufbruch. Nichts scheint dafür schädlicher als eine prinzipielle Trennung, gar politische Konkurrenz. Die notwendige politische Konzeption, ob wir sie als links oder als grün bezeichnen, ist ohnehin nicht wesentlich parlamentarischer Natur. Es geht darum, zu einer Gesellschaft zu finden, in der es für jeden möglich ist, seine Menschlichkeit zu zeigen. Aber diese wird es nicht geben, solange das Bedürfnis nach Menschlichkeit durch den Drang nach Wohlstand unterdrückt wird.

Jörg Friedrich, Kronskamp

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