Vier-Seen-Tour zur alten „Palme“ in Schmöckwitz

■ taz-Fahrradserie: Heute eine Tour im Südosten, vorbei an vier Seen, über kleine „Bergstrecken“, viel Sand - und immer wieder am Wasser entlang...

Start und Ziel: S-Bahnhof Grünau. Strecke 34 km (ohne Rauchfangwerder 25 km). Die Anfahrt von Neukölln aus am Teltowkanal entlang beträgt noch zusätzlich 12 km je Strecke.

Eine gemütliche Radwanderstrecke, die, obwohl sie nur auf zwei Kilometer die Stadt Berlin verläßt, fast nur durchs Grüne führt und dennoch meist auf befestigten und relativ glatten Strecken verläuft. Am Ausgangspunkt gibt es werktags einen Kiosk und Reiseproviant. Gegenüber vom S-Bahnhof ist eine Straßenbahnhaltestelle der Linie 86, dazwischen liegt die Autorasestrecke Adlergestell. Die überqueren wir nur und lassen sie dann hinter uns. Falls Ihr auf die Anfahrt mit der S-Bahn verzichten wollt, tut Euch ebenfalls nicht diese Horror-Abgasschneise an! Von Neukölln läßt's sich ganz erholsam am Teltowkanal entlangradeln: erst auf westlicher Seite und dann ab dem Fuß- und Fahrradübergang Stubenrauchstraße kurz auf der anderen Seite bis zur neuen Brücke im Zuge der Rudower Chaussee. Von da auf der Südseite am Kanal längs bis zum Elstersteg, auf dessen Verlängerung Ihr zum S-Bahnhof Grünau kommt.

Die Büxensteinallee führt auf die Regattastraße, an der immer noch die meisten Gaststätten von Grünau liegen. Früher wurden hier bei den berühmten Kaiserregatten Zigtausende von Menschen in zahllosen Gastwirtschaften bedient. Unsere Strecke folgt nun den Trambahnschienen durch das Landschaftsschutzgebiet nach Karolinenhof. Wer will, kann an der „Bammelecke“ den Uferweg wählen. Später empfiehlt es sich, um möglichst spät wieder aufs Adlergestell zu kommen, die Rohrwallallee zu benutzen. Schließlich müssen wir uns für den unsäglichen Radweg oder das Pflaster der Hauptstraße entscheiden. Dafür entschädigt der Blick von der Schmöckwitzer Brücke. Zwar gibt es die romantische Holzbrücke von anno dunnemals nicht mehr, aber der Blick auf die vier (!) Seen: Zeuthener See, Seddin See, Große Krampe und Langer See ist immer noch frei. Die lütte Insel „Werderchen“ scheint nach wie vor an der Windecke im Wasser zu schwimmen - und vor allem ist die alte Gaststätte noch da. Seit über 600 Jahren am Ort, seit rund 100 Jahren „Palme“ genannt. Sie ist ein Dorado für die Heerscharen von Radlern, die dieses erste Etappenziel zur Stärkung aufsuchen.

Nach der „Palme“ bietet sich ein Abstecher nach Rauchfangwerder an. Wer Zeit hat, sollte die schönen Uferwege nicht versäumen, sofern einem vor Sand und Wurzeln nicht bange ist. Die Rückfahrt erfolgt dann am Krossin-See. Nach der Überquerung von Wernsdorfer Straße und Oder-Havel -Kanal (wer traut sich über die Rampe ohne Geländer zu fahren?) kommt in Richtung Gosen ein sehr sandiges Stück Weg. Wer es vermeiden will, muß auf stärker befahrener Straße zwischen Müll und Sperrgebieten durchfahren. Aber auch auf der schönen Route entdecken wir rechts einen übelaussehenden Berg, von Möwen umkreist: Eine Müllkippe, ohne Absicherung einfach in das Naturschutzgebiet Wernsdorfer See geschüttet. Hinter dem Berg verbirgt sich übrigens in einem Sperrgebiet die wunderschöne „Spielmauer“ der NVA, wo man das Beschießen und Ergreifen von Republikflüchtlingen an einem Mauerfalsifikat üben konnte. Noch ist das Gelände militärisches Sperrgebiet...

Linkerhand, wo zwischen Wald und See FDGB-Heim eingetragen ist, vermuten Leute von der Grünen Liga unterirdische Stasi -Objekte. Nur gut, daß man im nächsten Ort Gosen sich von all den Eindrücken in der Warteschlange vor der örtlichen Eisdiele befreien kann. Drei Gewässer zwischen den Bruchwiesen müssen wir mit der Hauptstraße Richtung Berlin überqueren, bis man - wer will links - auf einen allerdings wieder sandigen Weg am Westufer des Seddin-Sees ausweichen kann. Nach etwa einem Kilometer stößt der Weg auf eine asphaltierte Zufahrt zu den Campingplätzen am See.

Wir durchqueren nun Müggelheim, ein Ort, der 1747 für 20 Flüchtlingsfamilien aus der Pfalz gegründet wurde. Inzwischen ist daraus eine riesige Wochenendhaussiedlung geworden. Nun wartet eine schattenlose Strecke auf uns, und der Name Ludwigshöher Weg verrät, es geht auch noch bergauf. Doch es lohnt sich - wegen der Abfahrt, die findet nämlich auf einem sich herrlich durch den Wald schlängelnden, autofreien Weg am Südhang der Müggelberge statt und ist natürlich viel zu kurz. Wer noch keine Lust auf städtische Ausflugsmassen hat, muß sich hier einen Picknickplatz suchen. Gleich nach dem wunderschönen Wasserwerk, das viele für ein Schloß halten, ist Schluß mit der Ruhe, hier rollen Daimler und Trabis im vereinten Stau zu den Parkplätzen von Marienlust und Schmetterlingshort.

Diesmal meiden wir das Ufer und mischen uns etwa einen Kilometer mit den Blechkisten, dann folgen wir nicht weiter dem Strom, sondern biegen auf einen Weg zur Fähre zwischen Wendenschloss nach Grünau ab. Übrigens ein Wendenschloss gibt es da nicht, nur ein Seebad gleichen Namens. Und der Namensgeber des Stadtteils war - wieder mal - eine Kneipe, die es längst nicht mehr gibt. Zurück geht's mit der S-Bahn ab Grünau - oder direkt mit dem Rad über Neukölln.

Axel von Blomberg