„Macht das Tor auf“ - für den Marathon

■ Der noch amtierende Ostberliner OB Hartenhauer hat erneut den geplanten Marathon durch das Brandenburger Tor in Frage gestellt

Der SC Charlottenburg, Veranstalter des Berlin-Marathons, sieht sein Prestige-Ereignis weiter gefährdet. Cheforganisator Horst Milde verkündete, daß gestern der noch amtierende Ostberliner OB Hartenhauer (PDS) den Lauf der bisher angemeldeten 20.200 Teilnehmer aus 60 Ländern durchs Brandenburger Tor in Frage gestellt hat. Dessen Renovierung werde bis September nicht fertig sein, so Hartenhauer.

Seit November 1989 will der Veranstalter, die historische Gunst der Stunde nutzend, die Menschenmasse durch das Brandenburger Tor gen Osten schicken. Das jedoch wird dummerweise gerade renoviert. Gestern erteilte OB Hartenhauer dem SC Charlottenburg kurzerhand eine Absage. Die Route soll nun über die Grenzübergange Potsdamer Platz und Brandenburger Tor durch Ost-Berlin führen, nicht aber durchs Tor selbst, so Hartenhauer.

In einem Schreiben an die DDR-Volkskammerpräsidentin Sabine Bergmann-Pohl flehten die Organisatoren, dem Lauf nicht seinen absoluten sportlichen und politischen Höhepunkt zu nehmen.

Auf einer eilig einberufenen Sonderpressekonferenz mit dem Motto: „Macht das Tor auf! Verhindert Berlins Bürokratie das größte Sportereignis Gesamt-Berlins?“ drohte Milde: „Wir bleiben bei unserer Auffassung: Entweder der Lauf geht durch das Brandenburger Tor auf Ostberliner Gebiet, oder das Rennen findet wie in den Vorjahren nur im Westteil der Stadt statt.“ Schuld an der ganzen Misere ist nach Meinung Mildes die zuständige Senatsstelle, sprich Senatorin Sibylle Volkholz. „Die müßten sich angesichts ihrer Olympia -Ambitionen doch mal ins Zeug legen und mit dem Ostberliner Magistrat verhandeln“, meint der Organisator. Vergangene Woche bekundete ein Senatssprecher, sie würden den Antrag im Regionalausschuß behandeln. Was sie aber laut Milde nicht taten. „Das wurde doch glatt verpennt“, schimpft er.

Besonders entrüstet ist der ehrenamtliche Organisationschef ob der Gerüchte, ihm ginge es ja nur um die Fernsehgelder. ARD und das japanische Fernsehen haben angekündigt, daß aus den mehrstündigen Live-Übertragungen nichts werde, wenn nicht durchs deutsch-deutsche Gemeinschaftssymbol gelaufen wird. „Ich bin nicht hinter dem Geld her, mir geht's um die politische Bedeutung“, wetterte Milde: „Wir haben weder Verträge mit dem Fernsehen noch mit Sponsoren, wo das Wort Brandenburger Tor auftaucht.“

Die kommerziellen Argumente beeindruckten jedoch Oberbürgermeister Hartenhauer. Ob der Einnahmeverluste zeigte er Verständnis für Mildes Anliegen und riet ihm, sich doch einmal selbst mit der Bauleitung kurzzuschließen. Die aber wollen das symbolträchtige Bauwerk an ihrem Jahrestag, dem berühmt gewordenen 9. November, in neuem Glanz präsentieren.

Milde, obgleich der Meinung, es wäre eher Hartenhauers Aufgabe, mit der Bauverwaltung zu sprechen, will diesen Weg dennoch gehen. „Vielleicht können wir uns mit denen einigen“, hofft er auf eine Rettung seines Marathon -Traum(a)s.

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