: Ethisches Investment fürs Geld mit gutem Gewissen
Finanzberatungsunternehmen bieten ihren Kunden Investmentfonds mit garantiert rüstungs-, atom- und südafrikafreien Anlagen an / Bislang ist aber mangels bundesdeutscher Anlagemöglichkeiten die Zusammenarbeit mit auswärtigen Fonds nötig / In den USA wird heute bereits jeder zehnte Dollar „ethisch“ angelegt ■ Von Matthias Kurp
Auch das Geschäft mit der Ökowelle wird stets um einige Facetten reicher. Zwei Jahre nach Gründung der Frankfurter Ökobank gibt es jetzt auch Ökoaktien. Seit Februar bieten die Frankfurter Vermögensverwalter der Volks- und Raiffeisenbanken Aktiendepots an, die bei Beträgen ab 200.000 Mark ein Umweltsiegel tragen. Aber auch die Kleinanleger dürfen ökologisch sauber investieren. In Bonn bieten clevere Vermögensberater jetzt auch Ökoinvestmentfonds an. Dabei handelt es sich um gemischte Aktienpakete, die schon für 1.000 Mark erhältlich sind und von Vermögensverwaltern im Auftrag der Kunden gehalten werden. Das Vorhaben der Kölner Bank für Sozialwirtschaft, als erste Bank in der Bundesrepublik einen ethischen Rentenfonds anzubieten, scheitert zur Zeit am Veto der Berliner Bankenaufsicht.
Immer mehr Anleger achten darauf, was mit ihrem Geld geschieht. Sie suchen nach Investitionsmöglichkeiten, von denen sie wissen, daß mit den Aktien weder Atomkraftwerke noch umweltschädliche Großtechnologien finanziert werden. Auf der schwarzen Liste des sogenannten ethischen Investments stehen auch Geschäfte mit Apartheidstaaten oder diktatorischen Regimen sowie Rüstungsproduktion und Tierversuche. An der Börse der USA fließt bereits jeder zehnte Dollar in ethisches Investment.
Als erstes Anlageberatungsunternehmen in der Bundesrepublik bietet die Bonner „Artus Ethische Vermögensverwaltung GmbH“ seit einiger Zeit ethische Investmentfonds an, die vor allem für Kleinanleger interessant sind. Weil solche Fonds zur Zeit in der BRD noch nicht aufgelegt werden, weichen die Bonner Börsenexperten auf amerikanische und britische Fonds aus. Gegen sieben Prozent Provision verwaltet die Artus GmbH bei Anlagehöhen zwischen 1.000 und 250.000 Mark die Einlagen ihrer 5.000 Anleger treuhänderisch: Das Geld (inzwischen mehr als 100 Millionen Mark) wird nach dem Prinzip der Risikostreuung in vier internationale ethische Investmentfonds angelegt und brachte 1989 eine Rendite von etwa zwölf Prozent.
Allein an der New Yorker Wallstreet wurden 1989 mehr als 500 Milliarden Dollar nach ethischen Gesichtspunkten angelegt. Was in den USA und Großbritannien lange Tradition hat, setzt sich nun zunehmend auch in der Bundesrepublik durch. Gefragt sind vor allem Anlagemöglichkeiten, die sozialverantwortliche und umweltfreundliche Produkte unterstützen. Dazu gehören zum Beispiel die TechnocellAG, die umweltfreundlich Papier herstellt, oder die Gerresheimer Glas AG, die verstärkt auf Glas-Recycling setzt.
Für einen ethischen Investmentfonds kommen in der Bundesrepublik gemäß den Artus-Recherchen maximal zwei Dutzend der mehr als 450 deutschen Aktiengesellschaften in Frage. Die beiden Artus-Pioniere Albert Eskenazy und Robert Schneider bevorzugen Aktiengesellschaften, die sich durch umweltfreundliche Energiegewinnung und Produktionsverfahren sowie Schaffung humaner Arbeitsbedingungen auszeichnen. Das Geschäft mit der Ethik blüht: Seit sich die ArtusGmbH Anfang des Jahres mit der Siegener Vertriebsgesellschaft Concorde zusammengeschlossen hat, ist das Artus-Anlagevolumen um monatlich 100 Millionen Mark gewachsen.
Obwohl die etwa 250 Investmentfonds auf dem deutschen Markt hohe Renditen (durchschnittlich elf Prozent) erwirtschaften, bleibt die Nachfrage dennoch in Grenzen. „Die Banken haben eben kein Interesse daran, daß Sparer so viel gewinnen“, erklärt Robert Schneider den Artus-Kunden, warum sich die etablierten Sparinstitute nicht gerade um Investmentkunden reißen. Dementsprechend zurückhaltend reagieren die Banken auch beim neuen Geschäft mit den ethischen Fonds. Nur die Frankfurter Ökobank und die Kölner Bank für Sozialwirtschaft haben bisher Intreresse am neuen sozialverantwortlichen Investitionsmodell bekundet.
Das Kölner Institut hat als Fachbank der Freien Wohlfahrtspflege in Luxemburg sogar schon einen ethischen Rentenfonds („Secura-Rent Lux“) aufgelegt, der im Unterschied zu Investmentfonds vor allem aus festverzinslichen Wertpapieren besteht. Die Bank für Sozialwirtschaft boykottiert mit ihrem Fonds außer Anleihen von Ländern, in denen Menschenrechte mißachtet werden, auch Anleihen von Unternehmen, die Rüstungs- oder Kernkraftgeschäfte betreiben sowie Unternehmen der Tabakindustrie, Hersteller harter alkoholischer Getränke und die Spielhallenbranche.
Anders als in Luxemburg scheitern die Banker hierzulande noch am Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen. Die Berliner Behörde bemängelt nämlich den Begriff des Ethischen und fordert klar nachprüfbare Kriterien. Tatsächlich macht der Begriff Probleme: Wenn die neuen Fonds ethisch sind, müßten alle anderen Anlageformen automatisch ethisch verwerflich sein. Artus-Gründer Eskenazy hat das Problem bereits erkannt: Er spricht zunehmend von „sozialverträglichen“ oder „humanen“ Fonds.
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