: Zwischen Bettwurst und Folterkammer
■ Leute von heute - Klatsch von gestern: Mit Marianne zu den Feiertagen unterwegs
Würden Sie dreihundert jungen Männern Ihre Mutter vorstellen? Fotograf Ingo Taubhorn hatte keine Hemmungen und tat es per Dia-Schau am Karfreitag im rappelvollen Schwuz bei der monatlichen Talkshow von SFB-Moderator Matthias Frings. Auch der zweite vorösterliche Plappergast, Comiczeichner Ralf König, durch die Reinbeker Rotations -Romane zu bundesweiter Berühmtheit gelangt, hatte was zu präsentieren. Feierlich ließ er von Praunheim-Tante und Star der „Bettwurst„-Filmserie Luzie Kryn einen großformatigen Safer-Sex-Comic enthüllen, der vor dem Dunkelraum von Toms Bar für Präventions-Kautschuk werben soll. Für die stimmlich sehr stimmige Untermalung sorgte Patti Galore mit ihrer Band Chinchilla Green. Interviewt wurde Patti nicht vom Meister selbst, sondern von SFB-Kollegin Peggy Penguin, die dabei den Schwulen bewies, was eine richtige Tunte ist. Ganz im Hintergrund blieb das geilste Kinn-Grübchen Nordamerikas seit Kirk Douglas, body-strong-Dichter und modischer Gesundheitsapostel Henry Rollins. Brav wartete er bis vor Toresschluß mit Seltersbecher auf seinen Traumprinzen. Gastgeber Frings selbst feierte in der Nacht noch seinen Geburtstag, er wurde „29H“ - schließlich hört der eitle Schwule kurz vor Dreißig auf zu zählen und geht danach mit dem Alphabet weiter.
Daß der SFB mit Großstadt- und Metropolen-Geplapper rein gar nix am Hut hat und nun vollends auf propere Provinz setzt, bewies er wieder mit seinen TV-Ansagen fürs Osterprogramm. Vor-Abendschau-Sauberfrau und Brandenburg -Kennerin Jeanette Enders-Schiemann rutschte zur Ansagerin auf und präsentierte vor Blumengebinden im Bad Doberaner Kurhallen-Design die bundesweiten Filmlangweiler fürs verlängerte Wochenende.
Der Neu-Provinzstadt endgültig den Rücken gekehrt hat Wüst -Schreiber und Howie-Darsteller Wiglaf Droste. Seit dem 1. April dieses Jahres darf er als Redakteur die Herren-Runde im Frankfurter Männer-Magazin Titanic vervollständigen und allmonatlich seine Stammtischwitze als Radikal-Satire verbraten. Doch bevor die Droste-Fan-Clubs in Sachsenhausen und Bornheim ihre Adresse in der 'Bravo‘ bekanntgeben, kommt der Gildo-Nachfahre noch einmal zu einem Liebeslieder -Konzert nach Berlin zurück.
„Polizei-Sabotage“ bei einem ganz anderen Homo-Event, dem internationalen Ostertreffen der Leder-Schwulen, vermutete der Charlottenburger Bezirksverordnete und „lederpolitische Sprecher der AL-Fraktion“ (Eigenwerbung), Micha Schulze. Die Grün-Uniformierten waren Samstag abend zur Party der Schwarz -Uniformierten in den Charlottenburger Festsälen aufgetaucht, um Musik und Live-Show auf die angemessene Zimmerlautstärke zu drücken. Damit so was nicht mehr vorkommt, schlägt Schulze für das nächste Ledertreffen einen bürgerferneren Austragungsort vor, das Charlottenburger Rathaus: mit Disco im Plenarsaal, Dark-Room im Pommernsaal und Folterkammer im Fraktionsbüro der „Republikaner“.
Marianne
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen