: Kein Hörgerät für US-Lauscher
■ Die USA wollen ihre Spionageaktivitäten entlang des ehemals Eisernen Vorhangs reduzieren / BRD will Lauschangriffe bei Vereinigung Deutschlands nicht dulden
Washington/ Berlin (dpa/taz) - Auch die Geheimdienste müssen heutzutage wenn nicht ab- dann doch umrüsten. Angesichts der sich abzeichenden Vereinigung Deutschlands bereiten sich Spionagedienste in Washington und Bonn nach einem Bericht der 'New York Times‘ auf die vollkommene Schließung oder Umrüstung zahlreicher hochmoderner US-Abhöranlagen in West -Berlin und der Bundesrepublik entlang des ehemals Eisernen Vorhangs vor. Wie die Zeitung am Sonntag unter Berufung auf Interviews mit nicht näher genannten US-amerikanischen und bundesdeutschen Fachleuten berichtet, geht es in erster Linie um die Anlagen der „Nationalen Sicherheitsagentur“ (NSA), des größten und geheimnisumwittertsten US -Geheimdienstes. Entscheidungen könnten im Laufe der nächsten ein bis zwei Jahre fallen. Viele der eine Milliarde DM teuren elektronischen Abhörstationen sind auf die DDR und die dort stationierten sowjetischen Truppen gerichtet. Bundesdeutsche Experten haben nach Angaben des Blattes bereits klargestellt, daß die meisten, wenn nicht sogar alle dieser Aktivitäten eingestellt werden müßten, sobald die Einheit Deutschlands hergestellt sei.
Einige der Abhör-Operationen gegen die UdSSR und den Warschauer Pakt würden vermutlich aber fortgesetzt werden, solange das östliche Militärbündnis weiterbestehe, zitierte die Zeitung einen bundesdeutschen Beamten. US-Offizielle äußerten in diesem Zusammenhang die Befürchtung, daß ein Sieg der Sozialdemokraten bei den Wahlen im Dezember das schnelle Ende dieser Ost-Spionage bedeuten könnte. Zudem gibt es besonders in der NSA Befürchtungen, daß man Operationen vorschnell einstelle, ohne daß die militärische Bedrohung auch wirklich beendet sei. Laut 'New York Times‘ sucht die NSA, die seit Ende des 2. Weltkrieges auf eine intensive Zusammenarbeit mit dem westdeutschen Verbündeten zurückblickt, nach neuen Aufgabengebieten. U.a. könnten ihre Anlagen künftig auch zur Überwachung von Rüstungskontrollabkommen und zum Einsatz gegen Terroristen und Drogenschmuggler genutzt werden.
Die NSA verfügt in West-Berlin und der Bundesrepublik über einige ihrer modernsten und leistungsfähigsten Horch -Anlagen. Die „Field Station Berlin“ auf dem Teufelsberg fängt angeblich Informationen noch tief aus der UdSSR, der Tschechoslowakei und Polen ab. Sie gilt auch als Versuchsstation für neueste Abhör-Techniken.
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