: Aus für neun Parteien in Jammu und Kaschmir
■ Vorwiegend moslemische Organisationen wegen „anti-indischer“ Politik verboten / Zehntausend protestierten / Pressestreik gegen Schließung zweier Zeitungen / Das Verbot ist der schwerste Schlag gegen die Separatisten seit ihrem Kampagnenbeginn im Dezember
Jammu (afp) - In Indiens Bundesstaat Jammu und Kaschmir sind neun Parteien verboten worden, denen anti-indische Aktivitäten vorgeworfen wurden. Gegen das Verbot protestierten am Dienstag in der Sommerhauptstadt Srinagar etwa 10.000 Menschen. Die Demonstranten bewarfen die Sicherheitskräfte mit Steinen, worauf diese zunächst Tränengas einsetzten und später in die Menge schossen. Mindestens ein Beamter wurde während der gewalttätigen Kundgebung getötet, 30 weitere erlitten Verletzungen, teilten Vertreter der örtlichen Behörden mit.
Die Presseunternehmen im Kaschmir-Tal kündigten an, sie würden aus Protest gegen die behördliche Schließung zweier Zeitungen ihre Veröffentlichungen suspendieren. Der Gouverneur von Jammu und Kaschmir hatte am Montag elf Tageszeitungen mit gesetzlichen Maßnahmen gedroht, nachdem bereits am späten Sonntag die Druckereien von zwei Blättern in Srinagar geschlossen worden waren. Er warf den Zeitungen ebenso wie den verbotenen Parteien „anti-nationale“ Aktivitäten vor, indem sie moslemische Separatisten, die für ein unabhängiges Kaschmir kämpfen, unterstützten. Vertreter von 32 Tageszeitungen und 49 Zeitschriften beschlossen daraufhin auf einer Sitzung in Srinagar einen unbefristeten Proteststreik.
Bei den am Montag verbotenen Parteien handelt es sich um regionale Gruppierungen, denen größtenteils separatistische Moslems und Sympathisanten der Unabhängigkeitsbewegung angehören. Im einzelnen sind es die Befreiungsfront Jammu und Kaschmir (JKLF), die im Dezember eine Tochter von Innenminister Sayeed entführt hatte, Kaschmirs Volksliga, Allahs Tiger, die schiitische Almakhtiyar, die angeblich von Iran unterstützt wird, die Hizab ul Mujahedeen (Studentenbefreiungsfront), die Islamische Studentenliga und Kaschmirs Jamiat-i-Islamia sowie deren militante Jugendorganisation Jamiat-i-Tulba.
Beobachter sprachen von dem schwersten Schlag gegen die Separatistenbewegungen, seitdem sie ihre Kampagne im Dezember verschärft hatten. Die Behörden von Jammu und Kaschmir hatten die seit elf Tagen gültige Ausgangssperre gelockert, nachdem am Sonntag Tausende von Ärzten ihre Aufhebung gefordert und mit Kündigung gedroht hatten.
Bei Razzien im Kaschmir-Tal beschlagnahmten die Sicherheitskräfte „zahlreiche Waffen und anderes subversives Material“ in den Häusern von mehreren Polizeioffizieren, wie offiziell in Jammu mitgeteilt wurde. Einzelheiten wurden nicht bekannt. In der vergangenen Woche waren 46 Polizisten vom Dienst suspendiert worden, weil sie angeblich die moslemischen Separatisten unterstützt hatten. Allein in diesem Jahr sind über 400 Menschen bei Gewalttaten im Zusammenhang mit der Separatistenbewegung in Kaschmir getötet worden.
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