The Beat never ends

■ Biographische Anmerkungen zum Autor Hadayatullah Hübsch

Seine erste Veröffentlichung hatte er 1965 in einer von Peter Rühmkorf bei Rowohlt herausgegebenen Anthologie. Damals ging der am 8.1.1946 in Chemnitz geborene und im Franfurter Kamerunviertel aufgewachsene Paul-Gerhard Hübsch noch in Oberursel aufs Gymnasium. 1969 folgte der Gedichtband Mach was du willst, der im Luchterhand -Verlag erschien. Im selben Jahr hatte der Autor in der marokkanischen Wüste ein „Offenbarungserlebnis“, das ihn dem Islam zuführte. 1970 schloß er sich einer „mystisch -reformerischen“ Moslem-Gemeinde an und trägt seither den Vornamen Hadayatullah, das heißt „der von Allah Geleitete“.

Hadayatulla Hübsch legt Wert auf die Feststellung, am gleichen Tag wie Elvis Presley Geburtstag zu haben. Ein von Rock und Pop besessener Jugendlicher sei er gewesen. Eine 1962 von Karl O. Paetel herausgegebene Anthologie mit Texten u.a. von Corso, Ferlinghetti und Ginsberg „war meine Bibel. Ich habe mich als Beat gefühlt ... Gedichte geschrieben, gesoffen und bin rumgetrampt.“

Das erzählt er in seinem mit Büchern überladenen Arbeitszimmer, im Dachgeschoß eines Reihenhauses im Alemannenweg. Die älteste Tochter bringt Tee. Hübsch ist der Vater von sechs Kinder, Autor zahlreicher Publikationen allein in den letzten drei Jahren veröffentlichte er zwanzig Bücher -, Musiker und Maler. Er gehört zu den Künstlern, die den Glauben an eine vom offiziellen Kulturbetrieb abgekoppelte Kunstvermittlung nie aufgegeben haben, die noch nach Veröffentlichungen in großen Verlagen bereit sind, mit Texten und organisatorischer Arbeit die literarische Subkultur zu bereichern und zu unterstützen. Das liegt natürlich auch daran, daß ein wesentlicher Teil seiner Arbeit zu experimentell ist, um auf dem großen Markt eine Chance zu haben. Seine Auftritte erfordern ein aufgeschlossenes Publikum, beispielsweise wenn er gemeinsam mit dem Schlagzeuger Wolfgang Wüsteney die „totale Improvisation“ probt. Das Spannungsfeld, in dem er sich bewegt, hat seine Pole einerseits in der persischen Mystik, dem religiösen Gedicht und andererseits im Beat und dem Dadaismus. Hübsch zeigt Beispiele seiner Arbeit, dazu gehören cut-up-Texte ebenso wie zwei Bücher über den Islam. Die Schule habe er schlafend überstanden, nimmt er den Faden der Erzählung eines ungewöhnlichen Lebens wieder auf. „Abends bin ich flippern gegangen und nachts habe ich bei V.O. Stomps in der Eremitenpresse gearbeitet.“ Dort seien seit den fünfziger Jahren alle gewesen, aus denen später etwas geworden ist. Er nennt Peter Hamm, Horst Bingel, Uve Schmidt. Gemeinsam mit Gert Loschütz trampte er nach dem Abitur durch Deutschland, um für seine Zeitung 'Törn‘ Texte bei Schriftstellern, darunter Yaak Karsunke und Horst Bienek, einzusammeln.

1966 wurde er während einer Vietnam-Demonstration zum ersten Mal verhaftet. Man legte ihm zur Last, eine Rauchbombe geworfen zu haben. Den, der es tat, verriet er nicht und kassierte dafür zwei Jahre Gefängnis auf Bewährung. 1967 organisierte er in Marburg den Ostermarsch. In diesem Jahr machte er auch seine ersten Drogenerfahrunge, die das Ende seiner politischen Karriere zur Folge hatten. „Zunächst habe ich noch versucht, die Hippies und den SDS zusammenzubringen.“ Zu diesem Zweck hielt er im Club Voltaire Vorträge; ein Thema: „Für Gott und wider der Welt.“ Eine Zeitlang war er dort auch Programmleiter, bis man ihn rausschmiß. „Damals wollten die im Club keine Langhaarigen.“ Berühmt wurde er als der Typ, der den „Heidi-loves-you-Shop“ in einem Bockenheimer Keller betrieb. „1968 war unser Sommer der Liebe.“ Leute kamen von überall her und übernachteten in dem Laden, unentwegt wuren Feste gefeiert, Hübsch selbst war viel unterwegs. „Ich habe gedealt und Tausende von Dollars mit Haschisch und LSD verdient.“ Vor allem, wenn die GIs pay -day hatten, klingelte beim Autor die Kasse.

Es folgte die Kuchenschlacht im Cafe Laumer, bei der Holger Meins als Kombattant in Erscheinung trat. Ich lasse mir die Einzelheiten erläutern: Amerikaner hatten Hübsch Trips angeboten, die zuerst einmal getestet werden sollten. So kam es, daß der Schriftsteller stoned bis zum Anschlag im Cafe Laumer einlief, wo er aber nicht bedient wurde. Deshalb trat er in eine Art Sitzstreik, dem die Polizei ein Ende machte, indem sie ihn wegtrug und wegen Hausfriedensbruch arretierte. Die Show habe sich wiederholt, meint Hübsch vage, auch eine Rede, die er anläßlich einer SDS-Versammlung in Frankfurt, mit K.D. Wolf als Vorsitzendem, gehalten hat, spielt bei dieser Geschichte eine Rolle, jedenfalls stand am Ende die Schlacht, bei der die Polizei massenhaft Mohrenköpfe abbekam.

Später gründete Hübsch eine Gruppe „WaWaWaWaWas ist los“, „die erste Punkband der Welt, kann man sagen“, weil das ihr zugrundeliegende Prinzip war, daß kein Mitglied sein Instrument beherrschte. Ein „Szenenking“ sei er gewesen, ohne daß ihm das recht gewesen wäre. Im Herbst 1969 scheiterte im Haus Waldfrieden, in der Nähe von Darmstadt, der Versuch einer Kommunengründung. Daraufhin flog Hübsch nach Berlin und führte in der K1 das Shit-Rauchen ein. „Als ich kam, war das noch wahnsinnig steif. Die hatten sogar noch einen Tisch.“ Ein STP-Trip warf ihn aus der Bahn: sieben Tage und Nächte stürzte er mit Endzeit-Visionen durch Berliner Wohngemeinschaften und landete schließlich auf „Bonnies Ranch“, wo „die Garde der ersten Fixer und Speed -Freaks versammelt war. Ich war ein Drehtürpatient, rein in die Klapse, raus aus der Klapse.“

Nach einer Reise in den Orient, einem fürchterlichen Gefängnis- und Irrenhaus-Aufenthalt in Spanien und seinem Übertritt zum Islam erschien 1970 Die von der Generation Kamikaze bei Maro und 1971 bei Luchterhand Ausgeflippt, Gedichte, die seine Dope-Abenteuer zum Gegenstand hatten. „Die Aufarbeitung seiner Geschichte zwischen 1965 und 1973“ nennt Hübsch das preisgekrönte Hörspiel Keine Zeit für Trips, das 1973 entstand. Um Geld zu verdienen, schrieb er als „Freier“ für die 'FAZ‘, bis man ihm 1981 kündigte. Hübsch hatte gegen die Berichterstattung der Zeitung im Zusammenhang mit Ereignissen auf der Startbahn West protesiert. Wieder folgten schwere Zeiten, für „Hinz und Kunz“ habe er arbeiten müssen, um seine Familie ernähren zu können. Seit 1983 schreibt er für die 'Neue Presse‘.

... how to cut a long story short: Hadayatullah Hübsch zuzuhören, gibt einem das Gefühl, noch viel überleben zu können.

Jamal Tuschich

Lieferbar ist von Hadayatullah Hübsch:

Abgedichtetes, Winddruck, 48 Seiten, 5 DM;

Alternative Öffentlichkeit, Fischer-Taschenbuch, 7,80 DM;

Dem Freund, Rainer-Verlag, 70 Seiten, 18 DM;

Hinter der Mauer des TV, Engstler, 96 Seiten, 18 DM;

Ich hab‘ meine Blumen verloren, Eremiten-Presse, 72 Doppelseiten, 29,80 DM;

Innenhaut, Kellner-Verlag, 48 Seiten, 18 DM;

Islamische Mystik am Beispiel Yalaludin Rumis, Der Islam, 24 Seiten, 2 DM;

Die Katdolen-Tonbänder, Bitter Lemon, 52 Seiten, 16 DM;

Konferenz der Vögel, Tonkassette, Cottas Hörbühne, 19,80 DM;

Liebe - Gedichte, Eremitenpresse, 64 Doppelseiten, 25 DM;

Der Weg Mohammeds, Rowohlt-Taschenbuch, 9,80 DM