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Thatchers Irakgate

■ Hintergründe eines Riesen-Kanonengeschäfts

Die britische Premierministerin Margaret Thatcher kann es drehen und wenden, wie sie will: Niemand anders als die britische Regierung hat versucht, das Waffenembargo gegen den Irak zu umgehen. Die Aussagen aller Beteiligten beweisen, daß die britische Regierung von Anfang an darüber informiert war, daß die Stahlrohre für ein „erdölchemisches Projekt“ in Wahrheit für ein Super-Geschütz bestimmt waren. Dennoch hat die Regierung beide Augen verschlossen, damit der irakische Auftrag nicht von der französischen Konkurrenz weggeschnappt wurde. Bei dem Versuch, ihre Regierung aus der Schußlinie zu halten, schreckt Thatcher nicht davor zurück, ihren eigenen Abgeordneten als Lügner abzustempeln: Der Tory -Hinterbänkler Hal Miller hatte nämlich behauptet, das Verteidigungsministerium bereits vor zwei Jahren von der Kanone in Kenntnis gesetzt zu haben. Daß die Akte darüber „zur Zeit nicht auffindbar“ sei, ist lächerlich.

Thatcher hat bei ihrer Suche nach einem Sündenbock einen regelrechten Eiertanz aufgeführt. Zunächst mußte der britische Zoll herhalten, der angeblich voreilig gehandelt habe. Als die Geschützversion der Zollbeamten immer mehr erhärtet wurde, lenkte Thatcher ihren Zorn gegen die beiden britischen Firmen: sie hätten keine Exportgenehmigung für Waffen beantragt. Dieser Vorwurf ist spitzfindig: Die Firmen hatten zwei Regierungsministerien und den Geheimdienst von ihrem Verdacht unterrichtet, es könne sich bei den Rohren um Waffenteile handeln. Sie erhielten zur Antwort, daß der Export von Ölleitungen nicht genehmigungspflichtig sei. Thatcher kann den Firmen also nur vorwerfen, sich auf eine regierungsamtliche Mitteilung verlassen zu haben und dadurch - bewußt oder unbewußt - zu Mittätern geworden zu sein.

Es ist übrigens auffällig, daß Thatcher sich mit Vorwürfen gegen den Irak zurückhält. Die Enthüllung des britischen Geschütz-Exports kommt ihr höchst ungelegen. Der Irak ist das einzige Land in der Region, zu dem Großbritannien noch diplomatische Beziehungen unterhält. Außerdem ist der Irak ein wichtiger britischer Handelspartner. Diese Beziehungen will Thatcher nicht gefährden. Das wurde bereits im vergangenen Monat deutlich, als der iranisch-britische Journalist Farzad Bazoft trotz eines höchst fadenscheinigen Spionagevorwurfs im Irak hingerichtet wurde. Selbst da hatte die britische Regierung den Abbruch diplomatischer Beziehungen und wirtschaftliche Sanktionen abgelehnt. Kaum war Gras darüber gewachsen, kam die Geschütz-Affäre ans Licht. Die Labour-Party wird nun wohl alles daransetzen, daß dieser Skandal nicht ebenso im Sande versinkt.

Ralf Sotscheck

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