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Grüne wollen Parteipluralismus erhalten

Kleiner Parteitag der Grünen spricht sich gegen Spaltungsversuche aus / Juni-Parteitag: Neuwahl des Vorstands  ■  Aus Bonn Gerd Nowakowski

Der kleine Parteitag der Grünen hat am Wochenende nach mehrstündiger Debatte jede Spaltungsbemühung verurteilt. In einer Resolution betonte die Mehrheit der Delegierten des Bundeshauptausschusses, es gebe keinen „inhaltlichen Spaltungsgrund„; dem gemeinsamen Bündnis aus Realos und „Aufbruch“ wird außerdem vorgeworfen, sie hätten durch ihr Verhalten auf dem Hagener Parteitag den Grünen „Schaden zugefügt“. Dem Bündnis sei es nicht um inhaltliche Klärung, sondern um die „Machtfrage“ gegangen. Auch mit den Stimmen der Realo-Vertreter sprachen sich die Delegierten in einem Passus für eine „Koalition der Vernunft“ gegen Spaltungsversuche aus und verteidigten die Meinungsvielfalt: „Linkssozialistische Positionen müssen in der Partei genauso ihren Platz haben wie wertkonservative Vorstellungen“. Die Realo-Vertreter verweigerten sich jedoch der Feststellung, es gebe keinen inhaltlichen Spaltungsgrund.

In der nahezu ohne Schärfe geführten Debatte äußerten sich Delegierte allerdings skeptisch über die Wirkung eines solchen Beschlusses. Den Realos wurde vorgeworfen, sie redeten erst die möglichen Niederlagen bei den Landtagswahlen herbei, für die sie dann die Linken verantwortlich machen wollten.

Die realpolitische Sprecherin des Bundesvorstandes Ruth Hammerbacher warnte vor einem „ausgeprägten Resignationsprozeß“ in der Partei und äußerte die Erwartung, es werde keine Spaltung, sondern einen schleichenden Rückzug geben, wenn die realpolitischen Positionen „ausgegrenzt“ werden. So habe der Parteitag der Zusammenarbeit mit der PDS eine „Hintertür“ offengelassen. Sie gestand zu, daß die Präambel zum Bundestagswahlprogramm nicht „traditionell links“ sei; allerdings zweifle sie, daß man damit erfolgreich Politik machen könne. Sie verwies auf Formulierungen zum Gewaltmonopol und zur Hafenstraße. Heftigen Widerspruch erntete Frau Hammerbacher mit ihrer Äußerung, ein Teil der Hafenstraßen-Probleme sei auch auf ein „alternativ-kriminelles Milieu“ in den Häusern zurückzuführen. Das zu den Realos zählende Bundesvorstandsmitglied Norbert Mann bescheinigte der Partei in der Debatte „Handlungsunfähigkeit“ und personelle Auszehrung als Folge der unzureichenden Parteistrukturen.

Der Bundeshauptausschuß bestätigte außerdem die Hamburger GAL als einzig legitimen Landesverband der Grünen, verurteilte den Aufbau eines „Grünen Forums Hamburg“ und forderte die aus der GAL ausgetretenen Frauen auf, ihre Bürgerschaftsmandate zurückzugeben. Die Delegierten sprachen sich auch dafür aus, auf dem kommenden Parteitag den gesamten Bundesvorstand neu zu wählen. Nach einem früheren Beschluß sollte nur die Hälfte des zerrütteten Führungsgremiums im Juni neu gewählt werden.

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