: V O R L A U F Gesucht wird...
(Gehirnwäsche, ARD, 20.15 Uhr) Ein Lächeln macht Menschen sympathisch. Doch es gibt auch noch das andere - das Lachen als Maske. An diesem Lachen prallt alles ab, was sich an Vorwürfen, Anklagen und Widerspruch gegen den Lachenden vorbringen ließ. Träger dieses Lachens tauchen immer häufiger auf, und manchmal ist unter ihnen auch ein Anhänger der Scientology Church.
Ein falsches Lächeln am richtigen Platz hilft der Sekte, weltweit Millionen von Menschen zu verführen, Kurse zu buchen oder sich dem E-Meter, einer Psycho-Kontrolle mit dem Lügendetektor zu unterziehen. Die Scientologen werden verdächtigt, unter dem Deckmantel des Seelenheils mittels faschistoider, zumindest aber totalitärer Praktiken, absoluten Einfluß auf ihre Anhänger auszuüben. Nach außen kehren sie dagegen das Lächeln der Glückseligkeit.
Das maskierende Lächeln ist nur schwer zu ergründen. Am ehesten erkennt man noch die Sektenanhänger, die ihre Bibel, die Heilslehre des Gründers L. Ron Hubbard, offen hochhalten und andere Menschen missionieren wollen. Viel gefährlicher jedoch sind die verdeckten Operationen der Sekte; unlängst hat sie in internen Papieren zu einer Mission „Clear Deutschland“ aufgerufen, mit der „Vertrauen und Sicherheit in Deutschland wiederherzustellen“ seien.
Die einzigartige Großoffensive der Sekte und ein anonym zugespielter Aktenberg, der sich in einem Schließfach des Düsseldorfer Hauptbahnhofs befand, waren für den Fernsehautor Egmont R. Koch Anlaß genug, die Infiltration der Scientologen in bundesdeutschen Unternehmen zu untersuchen. Dabei geht es nicht so sehr um die bereits bekannten Methoden, mit denen die Sekte das Bewußtsein ihrer Opfer umformen will, sondern um die direkte Einflußnahme in den Führungsetagen großer Firmen. Frappierend an Kochs Beweisführung ist, wie wunderbar die Ideologie der Scientology Church mit den Vorstellungen deutscher Manager korrespondiert, ein allseits freundliches, aber williges Personal beherrschen zu können. Kochs Beispiele gelungener Unterwanderung zeigen, daß seine These von einer „Spitze des Eisbergs“ durchaus ernst zu nehmen ist.
Das Lächeln ist den Anhängern der Sekte inzwischen gründlich vergangen. Mit einem Rundbrief forderte die bundesdeutsche Niederlassung der Sekte ihre Sympathisanten auf, sich beim WDR über die Ausstrahlung der Sendung zu beschweren. Schon Tage vor der Sendung trafen über 600 Briefe ein, nicht immer blieb es bei einem Jammern über die Verletzung religiöser Gefühle; Autor Koch mußte sich auch als „geisteskranker Krimineller“ bezeichnen lassen. Falsches Lachen gerät zur Fratze, wenn es sich entlarvt sieht.
Christof Boy
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