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Von Dickhäutern und Dünnhäutern

■ Weil es durch die Elefantenhaut regnete, platzte Grüner der Kragen

Elefanten haben eine ziemlich dicke Haut. Das ist ein großes Glück für sie, kann mitunter aber für den Vergabeausschuß der Deputation für Stadtentwicklung zum Problem werden.

Nicht, daß die Herren und Damen Deputierten der Elefant geritten oder auch nur getreten hätte. Ganz so schlimm wars nicht. Sie sollten nur mal wieder das tun, was Deputierte immer tun müssen, nämlich Geld bewilligen, das schon längst ausgegeben war - ausgegeben nämlich für den Bremer Elefanten, das 1932 eingeweihte Kolonialdenkmal an der Hermann-Böse-Straße.

Der Kolonialelefant wird derzeit renoviert. Wind und Wetter hatten dem Dickhäuter die Haut aus Ziegeln gegerbt. Den Schaden schätzte der staatlich bestellte Gutachter vor vier Jahren und hielt Renovierungskosten von 340.000 Mark für realistisch.

Die bewilligten die Deputierten denn auch einstimmig. Doch der größte Schaden am Kolonialelefanten steckte erst unter der dicken Ziegel-Haut: Es hatte durchgeregnet und sein Stahlskelett war dabei verrostet. Die Folge: eine Preissteigerung um runde 100 Prozent.

„So ungewöhnlich ist das gar nicht“, weiß Baureferent Zantke aus langer Erfahrung. Doch diese dicke Haut des Beamten/Elefanten haben die Deputierten noch nicht. Sie fanden, daß sie zumindest gefragt werden müßten, bevor doppelt so teuer gebaut wird wie genehmigt. Danach stimmten sie - wie immer in solchen Fällen - den verdoppelten Baukosten doch zu.

Nur der dünnhäutigsten der Deputierten platzte der Kragen. Elisabeth Hackstein, als Abgeordnete der Grünen an Fundamentalopposition gewöhnt, verweigerte dem teuren Kolonial-Elefanten ihre Stimme. „Das Geld könnte man wirklich sinnvoller einsetzen, als für so ein altes dämliches Denkmal“, lautet ihr kategorisches Urteil.

Da hat sie bei ihren FraktionskollegInnen - zwei Grüne, drei Meinungen - wenig Zustimmung. „Ich finde den sehr schön und bin froh, daß sie ihn nicht abgerissen haben“, sagt zum Beispiel Carola Schumann. Und die muß es wissen. Schließlich führt ihr täglicher Arbeitsweg von Schwachhausen zur Bürgerschaft direkt am Elefanten vorbei.

Preisexplosion hin, grüner Geschmack her - am 18. Mai wird der frisch restaurierte Kolonialelefant als „Anti-Kolonial -Elefant“ wieder eingeweiht. Statt der in Afrika gefallenen deutschen Kolonialsoldaten wird in der Krypta zu seinen Füßen dann den Opfern der Befreiungskämpfe gedacht. Statt Blaskapelle und Fahnenhissen gibt es ein „Namibia -Freiheitsfest“ und es singt der Bremer „Swapo-Chor“. Da wird der alte Elefant in seiner neuen Haut aber Ohren machen.

Rosi Roland

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