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„Verhindern, daß mehr Menschen Auto fahren“

■ Die taz sprach mit Ralf Schmidt, Kandidat der Grünen Partei für die Grüne Liste (Grüne Partei und Grüne Liga) für die Stadtbezirksversammlung Prenzlauer Berg über den Kommunalwahlkampf und grüne Politik / Schmidt ist Diplomingenieur beim Institut für Städtebau und Architektur

taz: Zu welchen Berliner Schwerpunkten wollen die Grünen im Stadtparlament Politik machen?

Ralf Schmidt: Wichtige Themen sind die Eindämmung des Autoverkehrs - unter anderem durch Bevorteilung des öffentlichen Nahverkehrs -, die Erarbeitung eines Flächennutzungsplanes für ganz Berlin, die Orientierung auf die bauliche Innenentwicklung der Stadt. Wir setzen uns dafür ein, daß die Bürger überall, vom Flächennutzungsplan bis zur Sanierung einzelner Wohngebiete, mitreden können.

Wie soll die Beteiligung der Bürger konkret aussehen?

Zunächst müssen Gesetze her, die das verbindlich festlegen. Das DDR-Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen enthält kaum Kontrollmöglichkeiten. Alle Vorschläge und Pläne müssen öffentlich gemacht werden. Wenn wir zum Beispiel in Prenzlauer Berg am Kollwitzplatz ein Konzept zur Verkehrsberuhigung ausprobieren - eines der Vorhaben, die wir als erstes durchboxen wollen - dann muß es ein Büro geben, wo die Bewohner ihre Meinungen, Fragen loswerden können. Bürgerinitiativen, die mitentscheiden wollen, müssen mit Geldern und Räumen vom jeweiligen Rat unterstützt werden, damit sie sich beteiligen können.

Zum Thema Verkehrsplanung. „Eindämmung des Autoverkehrs“, das klingt nicht sehr populär.

Für Autofahrer bestimmt nicht. Es ist aber dringend notwendig. Mehr Haushalte als bisher werden sich jetzt ein Auto zulegen, der Ost-West-Verkehr bekommt immer mehr Bedeutung... Man muß verhindern, daß sich noch mehr Menschen daran gewöhnen, mit dem Auto zu fahren.

Wie kann man das erreichen?

Indem man zum einen das Nahverkehrsnetz ausbaut, zum anderen die Tarife dafür niedrig hält. Unser Ziel ist der Nulltarif. Staat und Stadt müssen das bezahlen, Geld könnte durch Besteuerung der Autoindustrie, höhere Benzinpreise hereinkommen. Wir sind auch dagegen, die Parkmöglichkeiten auszubauen, Parkflächen wie die Unter den Linden müssen weg. In Prenzlauer Berg wollen wir uns dafür einsetzen, daß für die Magistralen Prenzlauer und Schönhauser Allee, Greifswalder Straße, Wilhelm-Pieck-Straße Tempo 50 gilt, für die Nebenstraßen Tempo 30.

Den Nahverkehr ausbauen - wie?

Straßenbahnen sind wegen ihrer energetischen Vorteile auf jeden Fall zu erhalten und zu modernisieren. Für Buslinien, die überbelastet sind, wie zum Beispiel der 57er, müssen mehr Fahrzeuge zur Verfügung gestellt werden. Komfortablere Busse - behindertengerecht, mit mehr Platz für Kinderwagen müssen gebaut werden. Das U-Bahnnetz ist zu erweitern.

Sie sprachen von einem Flächennutzungsplan. Warum ist er so wichtig?

In der Marktwirtschaft hat er sogar noch mehr Bedeutung als in der Planwirtschaft, wo Flächen kein bzw. ein zu geringer Wert zugesprochen wurde. Bisher waren Flächennutzungspläne Teil des Generalbebauungsplan. Der war aber, wie die ganze langfristige Flächenplanung, vorrangig darauf ausgerichtet, Standorte für den Wohnungsbau zu planen. Nun muß für ganz Berlin ein Plan erarbeitet werden, der bis zu Verkehrsplanung und Gemeinschaftseinrichtungen alle Faktoren enthält.

Was halten Sie für die Begrünung der Stadt für wesentlich?

Wir sind für die Erweiterung des Grüns vom Stadtrand nach innen, das heißt, an den U- und S-Bahnachsen, wo ohnehin lockerer gebaut ist. Straßenbäume gehören überall hin, wo welche fehlen, sie müssen aber zugleich vor Schäden geschützt werden - eben zum Beispiel durch Verkehrsberuhigung. In Prenzlauer Berg werden wir uns für ein Hofbegrünungsprogramm einsetzen, aber es muß richtig gemacht werden. Eine Linde oder Kastanie auf dem Hof, die sich viele wünschen, verhindert zum Beispiel den notwendigen Luftaustausch. Günstiger für Klima und Aussehen sind niedrige Sträucher, grüne Fassaden, auch grüne Dächer.

Interview: Susanne Steffen

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