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Bonn will Staatsvertrag in einer Woche fertig haben

■ DDR-Regierung sieht nach wie vor Verhandlungsspielraum bei der Rentenfrage Eine weitestgehende Eigenständigkeit des Staatshaushaltes werde angestrebt

Berlin/Bonn (ap/dpa/taz) - Die Beratungen der Experten beider deutscher Staaten über den Staatsvertrag werden Ende dieser Woche beendet. Das erklärte gestern der Bonner Regierungssprecher Hans Klein nach über vierstündigen Beratungen der Spitzenpolitiker der Bonner Regierungskoalition. Klein nannte einen bis auf den Termin für die Unterzeichnung durch beide Regierungschefs kompletten Fahrplan. Danach will sich die Koalition unter Leitung von Bundeskanzler Helmut Kohl am 15. Mai abschließend mit dem Vertrag beschäftigen. Einen Tag später will Kohl den Ministerpräsidenten der Länder das Verhandlungsergebnis präsentieren.

Am 18. Mai soll der Vertragstext vom Kabinett förmlich verabschiedet und noch am gleichen Tag den Koalitionsfraktionen übermittelt werden. Für die erste Lesung des Ratifikationsgesetzes wird der Bundestag am 23. Mai zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Am 1. Juni erfolgt die erste Lesung im Bundesrat. Verabschiedet wird das Vertragsgesetz nach diesem Fahrplan am 21. Juni vom Parlament und am 22. von der Länderkammer.

Während demnach aus Bonner Sicht alles klar zu sein scheint, wollen die Vertreter der DDR-CDU auf eine Verbesserung der Rentenregelungen für DDR-Bürger drängen. Diese Einschätzung gewann die SPD-Fraktion nach einem mehrstündigen Gespräch mit Ministerpräsident Lothar de Maiziere (CDU) am Dienstag abend in Berlin. In einer Erklärung des SPD-Landesvorstandes auf einer Pressekonferenz am Mittwoch hieß es dazu: „Unsere Position ist, die Renten wegen des Subventionsabbaus spürbar anzuheben. Das scheint inzwischen in der Koaltion konsensfähig.“ Trotz Kritik in einzelnen Punkten, machten die SPD-Vertreter nicht den Eindruck, als stünde bei Nichterfüllung ihrer Forderungen der Koalitionsfriede auf dem Spiel.

Vor Journalisten zeigte sich der stellvertretende SPD -Vorsitzende Karl-August Kamilli zufrieden über die Zusage de Maizieres, bei den Verhandlungen mit Bonn weiterhin als Grundlage für die DDR-Position den gemeinsamen Koalitonsvertrag anzusehen.

Auch die DDR-Regierung sieht noch Spielraum bei den Verhandlungen über den Staatsvertrag. Wie Regierungssprecher Gehler am Mittwoch nach der Kabinettssitzung sagte, seien drei Dinge noch offen: Der Sozialbereich, die Behandlung der Schulden der Betriebe und die Souveränität des DDR -Haushalts. Lothar de Maiziere lehnte in der Kabinettsitzung laut Gehler erneut die Forderungen der Gewerkschaften nach einer 50prozentigen Lohnerhöhung und der Einführung der 38 -Stunden-Woche ab.

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