piwik no script img

Die bayerisch-katalanische Achse

In Spanien suchten bayerische Parlamentarier nach Verbündeten im Kampf für den Föderalismus / Warum bloß ist im Münchener Landtag die bayerische Sprache noch nicht obligatorisch? / Im Zwiespalt zwischen Watschntanz und Sardana  ■  Von Luitgard Koch

Barcelona (taz) - „Da war der Gauweiler no ned.“ Entspannt lehnt sich der oberbayerische Oberregierungsrat im legeren, hellen Sommerjackett in die Polster zurück und schaut aus dem Busfenster. Draußen eine Peepshow neben der anderen. Der Bus fährt die Ramblas in der Altstadt von Barcelona hoch. Die Gegend rund um das Hafenviertel ist kein „Sperrgebiet“ wie etwa in der weißblauen Landeshauptstadt, aus der der Oberregierungsrat kommt. Dort nämlich hat sein Parteispezi, eben jener Peter Gauweiler, schon kräftig „gesäubert“.

Aber um das festzustellen, war die bayerische Delegation nicht angereist. „Es ist ein wichtiges Anliegen Bayerns, Verbündete gegen den Zentralismus zu suchen, den wir für schädlich halten“, erklärt ihr Chef, Alois Glück, den Sinn der Reise. Dieser Föderalismus, den sich die bayerische Mehrheitspartei auf ihre Fahnen geschrieben hat, trieb die Parlamentarier bereits im vergangenen Jahr nach Schottland. Daß die bayerische Variante des Föderalismus nach innen mehr zum Zentralismus neigt, wenn es etwa gilt, aufmüpfige Landräte wie den Schwandorfer Hans Schuierer, der bei der WAA in Wackersdorf nicht spurte, an die Kandare zu nehmen, mußte auf der bayerisch-katalanischen Fachkonferenz am vorletzten Tag der Reise niemanden berühren.

„Für dieses Kunstwerk wurden Glasscherben und alte Scherben von Flaschen verwandt“, erzählt der junge Reiseführer stolz. „Des is Recycling“, lacht der CSU-Umweltexperte vor den Mosaik-Mäandern des spanischen Architekten und Künstlers Antonio Gaudi im Güell-Park. Fotoapparate werden gezückt, Erinnerungsbilder geschossen. Und weil schließlich Kultur etwas über ein Land aussagt, geht's an diesem Nachmittag weiter ins Miro-Museum auf dem Montjuich-Berg über der Stadt. „Des san de Skalps von de Grünen“, zeigt einer der Volksvertreter auf ein Objekt von Max Ernst. An einem bemalten Baumstamm hängen verschiedenfarbige Haarteile. Aber nicht jeder findet Zugang zur Kunst. „Raffiniert sans scho, de Künstler, des koan doch a dritte Volksschulklass auch“, schüttelt eine Abgeordnete enttäuscht den Kopf über Miros Malerei und setzt sich erschöpft auf die Parkbank vor dem Museum. Der Programmpunkt am Abend: „Wasserspiele“ fällt aus. Barcelona leidet nämlich derzeit unter akutem Wassermangel. Auch wenn im noblen, frisch renovierten Hotel „Ramada Renaissance“ zwischen „modernstem Komfort und zauberhaftem Empire“, wie ein „Barcelona-Tip“ einer Reisezeitschrift zu berichten weiß, nichts davon zu merken ist.

„Ja, das hams uns dann scho gsagt, daß des genauso is, wie wenn man in Hamburg an bayerischen Watschntanz aufführt.“ Der bayerische Abgeordnete sitzt am Frühstückstisch und nickt mit dem Kopf. Nach dem touristischen Flamencoabend im spanischen Dorf ist der Allgäuer wieder um eine Erkenntnis reicher.

Denn was ein echter Katalane ist, der ist stolz auf seinen Reigen, die „Sardana“. Aber schließlich kann ein bayerischer Parlamentarier nicht alles wissen. Vor allem wenn sich auch die Eßgewohnheiten so unterscheiden. Wer in Bayern ißt schließlich kalte Suppen, wie der „Gazpacho“? Irritiert blickt mancher in seine Suppenschüssel. Wenn eine Suppe kalt geworden ist, gehört sie zurück auf den Herd, oder?

„Gerade die kleinen Parteien stellen die meisten Anträge“, übersetzt die Dolmetscherin. „Ja, bei uns a.“ Begeistert pflichten die Parlamentarier ihrem spanischen Kollegen im Halbrund des katalanischen Plenarsaals bei. Und als der Kulturexperte der CSU noch erfährt, daß auch die Katalanen einen eigenen Kulturetat haben und Ärger mit ihrer Zentralregierung in der Hauptstadt Madrid, ist die Politikerriege voll zufrieden. Daß im bayerischen Landtag noch nicht bayrisch gesprochen wird, so wie im katalonischen Parlament katalanisch, läßt sich verschmerzen. Trotzdem: „Es ist schwierig, einen gemeinsamen Nenner für Regionalismus und Föderalismus zu finden“, stellt der CSU-Chef schon am vorletzten Tag der Reise fest.

Der Bus schaukelt über die kurvigen Straßen hinauf zum Kloster Montserrat mit seiner „Schwarzen Madonna“. „Seperatisten kommen für uns als Bündnispartner nicht in Frage“, tönt es über Mikrophon. CSU-Chef Glück hält noch einmal eine letzte Pressekonferenz, bevor der Mönch auf dem Klosterberg die Gäste empfängt. Nachdem der kleine, weißbärtige Padre seinen Franco-Witz zum besten gegeben hat, entläßt er seine Besucher ins Weltliche. Kurz vor Abflug steigen die Parlamentarier noch einmal tief ein in die Materie. In der Cavakellerei lagern die spanischen Sektflaschen, kühl und dunkel. Und da Essen Leib und Seele zusammenhält, wird noch ein letztes Mal im Restaurant „Mirador de las Caves“ getafelt. Dort verliert dann auch der CSU-Chef für ein Foto im Kreis hübscher Journalistinnen seine Berührungsängste.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen