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West-SPD muß nun Farbe im Bundesrat bekennen

■ Mit der neugewonnenen Bundesratsmehrheit im Rücken können die Bonner Sozialdemokraten korrigierend in die deutschlandpolitische Debatte eingreifen

Bonn (taz) - Die breitbeinige Siegerpose der Wahlsiegerin SPD-West wird bald in ein Spagat übergehen müssen. Gespreizt zwischen Bonn und Ost-Berlin müssen sich die Sozialdemokraten-West endlich klar äußern, wie ihre bislang eher diffuse Deutschlandpolitik aussehen soll. Sowohl die Verlierer als auch die Gewinner der beiden Landtagswahlen vom Sonntag haben erklärt, daß vor allem deutschlandpolitische Erwägungen eine Rolle beim Wahlergebnis gespielt haben. Während der SPD-Vorsitzende Vogel meint, der Bevölkerung sei das Tempo der deutschen Einigung zu schnell, sozial- und umweltpolitische wie auch Verfassungsfragen dürften nicht „unter die Räder kommen“, sieht sich Gerhard Schröder in Hannover mit dem Kanzlerkandidaten Lafontaine darin einig, daß sich die bundesdeutschen Wähler um die Kosten der Einheit sorgten. Damit konfligieren deutlich die Forderungen des DDR-Ablegers der Sozialdemokratischen Partei nach entscheidenden Nachbesserungen der sozialträchtigen Eckwerte im Staatsvertrag, die aus dem Staatssäckel der BRD getragen werden müßten. Verärgert hat denn auch der abtretende niedersächsische Ministerpräsident Albrecht von der „Doppelstrategie“ der SPD gesprochen, die in der DDR für weitere Leistungen eintrete und in der Bundesrepublik über die Kosten der deutschen Einigung lamentiere. Die finanzpolitische Sprecherin der West-SPD, Ingrid Matthäus -Maier, hat sich dagegen ausgesprochen, „die Hilfsbereitschaft der Bundesbürger zu überstrapazieren“.

Der Bundesrat wäre jetzt der Ort, wo die SPD noch korrigierend mit eigenen deutschlandpolitischen Vorstellungen über den Staatsvertrag Einfluß nehmen könnte. Solange die SPD aber über die genauen Inhalte des Staatsvertrags nicht informiert sei, so Vogel nach einer SPD -Präsidiumssitzung gestern vor der Presse in Bonn, könne sie ihre Haltung im Bundesrat noch nicht konkret benennen. Wie der SPD-Chef ausführte, habe der niedersächsische Wahlverlierer Albrecht angekündigt, er wolle noch bis zum absoluten Ende seiner Regierungszeit im Bundesrat mitwirken, also auch bei der Abstimmung über den Staatsvertrag am 21. Und 22. Mai. Das habe es, so Vogel, in der Bundesrepublik noch nie gegeben. Er bitte Albrecht, sich wie ein fairer Verlierer zu verhalten.

Die SPD-Bundesgeschäftsführerin Anke Fuchs beeilte sich noch in der Wahlnacht zu sagen, daß man den Staatsvertrag nicht verzögern wolle. Und Vogel erklärte vorsichtig, die SPD werde im Bundesrat ihre Mehrheit „verantwortungsvoll nutzen“, wie denn auch der CDU-Generalsekretär Rühe in aller Ruhe kommentierte, daß die Sachzwänge in der Deutschlandpolitik der SPD gar keine andere Chance ließen, als konstruktiv mitzuarbeiten.

Vogel machte in Bonn deutlich, daß seine Partei unverändert für den Wahltermin am 2. Dezember dieses Jahres votiere. Er kritisierte damit auch die „ultimativen Zeitvorgaben“ der Bundesregierung.

B. Geier

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