: Stoltenberg für die Opposition nicht zu packen
Bei seiner dreistündigen Vernehmung im U-Boot-Ausschuß des Bundestages weist Stoltenberg mit geschickter Darstellung und Schuldzuweisung an untere Ränge alle Vorwürfe zurück / Trotz einiger Unklarheiten konnte ihn die Opposition nicht festnageln ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski
Bundesminister Stoltenberg (CDU) hat bei seiner mehr als dreistündigen Vernehmung vor dem U-Boot-Ausschuß des Bundestags alle Vorwürfe auf Begünstigung und Strafvereitlung zurückgewiesen. Er versicherte, „in der jeweiligen Situation nach damaligem Kenntnisstand nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben“. Trotz der „glatten Darstellung“ (Gansel/SPD) des Ministers, der Verantwortlichkeiten geschickt an Untergebene verteilte, blieben zahlreiche Widersprüche offen. Der Opposition gelang es jedoch nicht, ihn darauf festzunageln.
Der damalige Finanz- und heutige Verteidigungsminister versicherte, seine Reaktion auf das ihm im Sommer 1983 von den Firmen bekanntgemachte Waffengeschäft mit Südafrika sei von Beginn an „eindeutig negativ“ gewesen. Er habe das Geschäft auch nicht stillschweigend gebilligt, sondern den Firmen eindeutig und mehrfach erklärt, daß es für den Export der U-Boot-Pläne keine Genehmigung geben werde. Erst als er im September 1985 vom damaligen Wirtschaftsminister Bangemann (FDP) um Amtshilfe gebeten wurde, habe er erfahren, daß die Firmen sich offenbar nicht an die Ablehnung gehalten hätten. Die Oberfinanzdirektion (OFD) Kiel mit den Ermittlungen zu beauftragen, sei aufgrund der Stellungnahme der Fachleute seines Ministeriums getroffen worden; er habe dabei keine Einflußnahme ausgeübt.
Stoltenberg führte zu seiner Entlastung an, er habe die Fachabteilung bereits Ende 1986 angewiesen, die Behauptung der Firmen nachzuprüfen, sie hätten im Sommer 1985 das Geschäft mit Südafrika aufgegeben. Außerdem ist seine schriftliche Weisung um „sehr sorgfältige Prüfung“ festgehalten, als ihm im August 1987 mitgeteilt wurde, die OFD Kiel erwäge die Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen die Firmen Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW) und das Ingenieurkontor Lübeck (IKL). Er sei zu diesem Zeitpunkt von einem „kräftigen Bußgeld“ für die Firmen ausgegangen und von dieser „Entwicklung etwas überrascht“ gewesen. Den Bericht des Mitarbeiters des Finanzminsiteriums, Wewel, der zahlreiche Hinweise für eine ungenügende Aufklärung durch die OFD Kiel auflistete, sei ihm nicht bekanntgeworden, erklärte Stoltenberg. Es sei deswegen für ihn auch nicht zu erkennen gewesen, „ob es im Ermittlungsbereich noch weiße Flecken gab“.
Offen blieb, warum Stoltenberg über ein Jahr nur gegen IKL ermitteln ließ, obwohl in den ihm bekannten Unterlagen die Beteiligung von HDW eindeutig enthalten war. Stoltenberg erklärte, es habe zu diesem Zeitpunkt keine „absolute Sicherheit“ für eine HDW-Beteiligung gegeben - konnte aber nicht aufklären, warum dann zur gleichen Zeit HDW über seinen Staatssekretär eine „Vorwarnung“ zuging, es werde Ermittlungen geben. Warum der Fachabteilung nicht der im Ministerbüro vorhandene Firmenvermerk weitergereicht wurde, auf dem die Durchführung des Waffengeschäft detailliert geschildert wurde, erklärte Stoltenberg mit schlichtem Vergessen seines Staatssekretärs. Ihn hätten die „dubiosen Hinweise“ zwar „befremdet“, er habe sich aber nicht vorstellen können, daß bei den Firmen an „rechtswidriges Handeln gedacht war“. Unbeantwortet blieb, warum das für Ausfuhren zuständige Bundesamt für Wirtschaft nicht auf die Überwachung von HDW-Exporten angesetzt noch darüber informiert wurde, daß es um die Lieferung von Booten nach Südafrika gehen solle.
Stoltenberg betonte, er habe niemals der CDU/CSU-Fraktion eine schnelle Beendigung des Verfahrens zugesichert. Dies hatte der Regierungsdirektor Wewel als Worte des Stoltenberg -Staatssekretärs Obert vor dem Untersuchungsauschuß kolportiert. Im Gegensatz zum Wewel-Bericht, der eine Abgabe der Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft fordert, las Stoltenberg daraus nur die Anregung, die Staatsanwaltschaft „einzuschalten“. Diese aber sei bei 15 Kontakten ausführlich und umfassend informiert worden, habe aber auf ein eigenes Ermittlungsverfahren verzichtet.
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