Die Flucht vor dem Giftgas

■ In der Angestelltenkammer: 100 Fotos von kurdischen Flüchtlingen in türkischen Lagern

Die Angst vor Giftgas hatte zwischen 80.000 und 150.000 KurdInnen aus ihrer Heimat im Irak vertrieben, nachdem die irakische Regierung 1988 mit (bundesdeutschem) Giftgas die rund 5.000 BewohnerInnen der Stadt Halabdscha getötet hatte. Nach der Flucht in die Türkei landeten die KurdInnen in Flüchtlingslagern: hinter Stacheldraht, ohne Gesundheitsversorgung und ohne Möglichkeiten zur Erziehung ihrer Kinder, zum Teil in Zelten. Drei Journalisten haben unter schwierigsten Bedingungen, unter polizeilicher Kontrolle und zum Teil unter Strafverfolgung die kurdischen Flüchtlingslager besucht - im Auftrag einer türkischen Tageszeitung (Cumhuriyet), die gegen die von Repressionen und Verboten gekennzeichnete Kurdenpolitik der türkischen Regierung immer wieder über die Situation der Kurden schreibt.

Rund 100 Fotos der drei Journalisten wurden zu der Ausstellung „Die Flucht vor dem Giftgas“ zusammengestellt. In der Türkei wurde die Ausstellung vielerorts verboten, lediglich in Ankara und Adanar war sie zu sehen. Und in sieben Städten in der Bundesrepublik. Am kommenden Sonntag (20.5., 18.30 Uhr) wird die Fotodokumentation in der Angestelltenkammer eröffnet: Einer der drei Fotografen, Ilker Maga, wird zur Eröffnung sprechen; außerdem wird Barbara Noack, MdBB und Leiterin der Bremischen Türkei/Kurdistan-Delegation, von ihrem Be

such in den Lagern berichten. Darüber hinaus wird der Dokumentarfilmer Gwynne Roberts sein Material zum offiziell geleugneten Giftgaseinsatz zeigen. Roberts war wenige Tage nach der Vernichtung der Zivilbevölkerung in Halabdscha im Auftrag der BBC heimlich in das Kriegsgebiet gereist, um Belege für die völkerrechtswidrige Aktion zu sammeln.

Yayla Mönch-Bucak, vom Kurdischen Volkshaus Bremen, hat für die Ausstellung „Flucht vor dem Giftgas“ etliche Veran

stalter gewinnen können, z'B.den Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, DRK Bremen und Bonn und die Evangelische Studentengemeinde.Knapp 10.000 KurdInnen leben z.T. seit Jahrzehnten in Bremen. Die gegenwärtige Diskussion über den Kurdenerlaß mache allerdings die jahrelange ehrenamtliche Arbeit der kurdischen Gruppen zunichte: „Daß so viele Jugendliche als vermeintliche Dealer in den Gefängnissen sitzen sollen, verwundert uns sehr und macht uns sehr betroffen“, sagt Frau

Mönch. Vielfach hätten sie (die bremischen KurdInnen) den Behörden Vorschläge zur Unterstützung unterbreitet Gesprächskreise, Beratungen mit den Betroffenen, zumal „wir gerne wissen wollen, wer hinter den jungen Leuten steckt“ (Yayla Mönch-Bucak) - doch sei dies immer auf taube Ohren gestoßen. Ganz im Gegenteil würde sich die Politik der türkischen Regierung bis in ihre Gremien fortsetzen: „Nicht umsonst haben drei Mitglieder des Kulturbeirates ihre Pässe verloren.“

Birgitt Rambalski