ÄrztInnen sollen schnüffeln

■ Sozialministerium in Ba-Wü: Bei Notlagenindikation sollen ÄrztInnen auch das soziale Umfeld der Frauen überprüfen

Stuttgart (dpa/taz) - Die SPD-Opposition im Stuttgarter Landtag ist sauer auf das baden-württembergische Sozialministerium, weil es „unfaßbare Vorschläge“ für die Notlagenindikation nach Paragraph 218 gemacht hat. Nach einem Referentenentwurf des Ministeriums sollen ÄrztInnen künftig „eigene umfassende Ermittlungen“ bei der Prüfung einer Notlagenindikation anstellen, erklärte SPD -Fraktionschef Dieter Spöri am Wochenende. Für die Ermittlungen sollen neben den Frauen auch deren Angehörige und Arbeitgeber herangezogen werden, heißt es in dem Entwurf. Er stammt vom 15. Januar 1990 und trägt den Titel „Eine Handreichung für Ärzte und Beratungsstellen zum Schutz ungeborener Kinder“.

Die Handreichung will „Ärzten und Beratungsstellen Anhaltspunkte, Orientierungsrahmen und Entscheidungshilfen“ für ein „selbständiges“ Urteil über die Lösung eines Schwangerschaftskonfliktes geben. So dürfe sich der Arzt/die Ärztin bei der Prüfung einer Notlagenindikation „nicht nur auf das Vorbringen der Frau verlassen“. Bei seinen „Ermittlungen“ über die „gesamten persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Frau“ müsse er/sie auch „die Personen anhören, die zur Beseitigung der Notlage beitragen können, also z.B. Ehemann, Eltern, andere Angehörige, einen Kollegen, etwa den Hausarzt“.

Der Entwurf solle offenbar das erwünschte Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die bayerische Normenkontrollklage gegen den Paragraphen 218 vorwegnehmen, so Spöri. Baden-Württemberg macht bei der Klage zwar nicht mit, will sie aber mit einer Stellungnahme zur Beratungspraxis unterstützen.