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BerlinerInnen können direkt wählen

■ Bundestag beschloß auch Wahlrecht für BerlinerInnen / 1,6 Millionen Wähler mehr / Berliner Parteien zufrieden

Berlin (taz) - Rundrum Zufriedenheit herrscht bei den Berliner Parteien, nachdem der Bundestag am Mittwoch nach monatelanger Diskussion das Bundestag-Direktwahlrecht für BerlinerInnen beschlossen hat. Nun muß der Bundesrat noch am 1. Juni endgültig zustimmen, und damit ist zu rechnen. Auch die Alliierten müssen noch formell ihre Vorbehalte aufheben, es hat jedoch bislang keine offiziellen Proteste von dieser Seite gegeben.

Damit werden BerlinerInnen schon im Dezember bei der Bundestagswahl mitwählen können, was sie bisher aufgrund der besonderen alliierten Bestimmungen für die Stadt nicht konnten. Statt dessen wurden bisher 22 Berliner Abgeordnete nach Parteienproporz nach Bonn geschickt, die aber dort kein Stimmrecht haben. Die 1,6 Millionen stimmberechtigten BerlinerInnen hatten bei der letzten Abgeordnetenhauswahl zu 37,8 Prozent CDU gewählt, zu 37,3 Prozent SPD, die AL erhielt 11,8, die FDP 3,9 und die Republikaner 7,5 Prozent.

Die Vorlage von allen Parteien wurde gegen die Stimmen der Grünen angenommen. Die Westberliner Alternative Liste hingegen begrüßte das Wahlrecht für die BerlinerInnen als Schritt zur Demokratisierung. Man hoffe, so AL-Sprecher Noe, daß dem weitere Schritte folgten. So sollte der entmilitarisierte Status der Stadt nicht ein alliierter Vorbehalt bleiben, sondern in eine Gesamtberliner Verfassung aufgenommen und somit auf Dauer abgesichert werden.

Entschieden ist mit diesem Bundestagsbeschluß auch der Parteienstreit zwischen der Berliner SPD und der CDU um die Einteilung der Wahlkreise. Die CDU setzte sich durch: Nunmehr wird es acht Wahlkreise geben, in denen acht Abgeordnete direkt gewählt werden, acht weitere über die Liste. Während sich die SPD bei den Wahlkreisen an die zwölf Westberliner Bezirksgrenzen halten wollte, werden nun bei einigen Bezirken einzelne Wahlkreise abgetrennt und anderen Bezirken zugeschlagen. „Ein kleinkariertes Wahlkreiskonzept“, meinte Noe, das nach CDU-Wahlergebnissen durchgerechnet sei und nur dazu diene, genug Listenplätze zu schaffen, damit der „politische Sondermüll“ in Bonn verbleiben könne. Die CDU hat unter anderem den über Kontakte mit Rechtsradikalen gestolperten ehemalige Innensenator Heinrich Lummer nach Bonn geschickt. Der Berlinbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion Kittelmann begrüßte die Möglichkeit der Direktwahl für Berliner. Damit sei die „manipulative Einteilung der Wahlkreise“ nach SPD-Wunsch vom Tisch. Für den Berliner Senat begrüßte in Bonn die Senatorin für Bundesangelegenheiten Heide Pfarr (SPD) die Entscheidung des Bundestages. Dies sei ein historischer Tag auf dem Wege der deutschen Einigung. Eva Schweitzer

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