Die Großmächte rücken von Israel ab

■ Arafat legt Fünf-Punkte-Plan vor / Anlehnung an den Namibia-Friedensprozeß / Partielle Zustimmung seitens der USA / Israelischer „Messias“ wegen Grabschändung verurteilt

Genf/Jerusalem (taz/ap/afp) - Die Sondersitzung des Weltsicherheitsrates in Genf zur Palästina-Frage ging am Samstag ohne Entschließung zu Ende. In den Beratungen wurde deutlich, daß Israel wegen seines harten Kurses wachsendem internationalen Druck ausgesetzt ist. PLO-Chef Yassir Arafat hatte Israel in einer Rede am Freitag vorgeworfen, einen „Vernichtungskrieg“ gegen das palästinensische Volk zu führen. Schuld an dem jüngsten Massaker an Arabern sei nicht der Wahnsinn eines einzelnen Menschen, sondern ein verworrenes und wahnsinniges System, das von der Illusion der Überlegenheit einer Rasse geprägt sei. Arafat legte einen Fünf-Punkte-Plan zur Lösung des Konflikts vor. Dieser beinhaltet die Entsendung eines UNO-Spezialbeauftragten in die Region, der den Friedensprozeß in Gang bringen soll und einer „internationalen Sondertruppe“ zum Schutz der Palästinenser. Ferner soll sich der Sicherheitsrat mit einer „eindeutigen“ Resolution gegen die israelische Siedlungspolitik wenden und eine internationale Friedenskonferenz vorbereiten. Als letzter Punkt werden Sanktionen gegen Israel gefordert.

Der Plan, dem ausdrücklich der UN-Friedensprozeß in Namibia Pate gestanden hat, wurde unterschiedlich aufgenommen. Kontrovers ist vor allem der mögliche Einsatz von UN -Friedenstruppen. Während die Vertreter Frankreichs und der Sowjetunion dies befürworteten, wandte sich US-Außenminister Baker dagegen. Gegen die Entsendung eines UN-Beobachters sowie einer UN-Untersuchungskommission haben die USA jedoch keine Einwände. Auch Großbritannien gab dafür seine Zustimmung. Am Dienstag werden die Beratungen in New York fortgesetzt. Aus Kreisen der US-Delegation hieß es, Washington werde sein Veto einlegen, sollte die UNO einen den USA nicht genehmen Beschluß fassen. Israel hat den Arafat-Plan kategorisch abgelehnt. Schamir erklärte, daß Israel UNO-Beobachtern den Zugang zu den besetzten Gebieten auf keinen Fall gestatten werde.

„Peace Now“ demonstriert

In Tel Aviv protestierten am Samstag abend rund 15.000 Sympathisanten der israelischen Friedensbewegung „Peace Now“ für sofortige Verhandlungen mit der PLO. Mit Fackeln und brennenden Kerzen zogen die meist jungen Leute auf den Stadtplatz, wo Hauptredner Amos Oz den israelisch-jüdischen Rassismus scharf angriff. Besonders wandte er sich gegen den in jüngster Zeit viel gebrauchten Begriff „jüdisches Blut“: Dieses gebe es überhaupt nicht, und es komme in den heiligen Schriften nirgends vor.

Die Demonstranten tauschten Grußbotschaften mit 40 in Jerusalem hungerstreikenden Palästinensern aus, unter denen sich auch der Direktor des Instituts für Arabische Studien in Ost-Jerusalem, Feisal Husseini, befindet. Der Hungerstreik dauert nunmehr seit einer Woche an und wird zunehmend zum Sammelpunkt für die verschiedenen PLO -Fraktionen, die dort am Freitag gemeinsam der Arafat-Rede in Genf lauschten.

Grabschändung aufgeklärt

Gestern wurde die seit einer Woche geltende Ausgangssperre in den besetzten Gebieten teilweise aufgehoben. In der Stadt Gaza und mehreren Flüchtlingslagern ist sie jedoch noch in Kraft. Die Städte Hebron und Nablus wurden zur „geschlossenen Militärzone“ erklärt. Damit ist allen Nicht -Einwohnern der Zutritt verboten. Ebenfalls gestern wurde die Grabschändung von Haifa aufgeklärt. Der Israeli David Goldner bekannte sich schuldig und wurde zu drei Jahren Haft verurteilt. Der 41jährige Goldner erklärte seine Tat damit, daß er der „Messias“ sei. In der Nacht zum 12.Mai hatte er zusammen mit einem Mitangeklagten 303 Gräber auf zwei Friedhöfen in Haifa geschändet.

aw/dj