Datendeal: Urteil gegen AOK-Chef

■ Amtsgericht Wittlich verurteilte Dauner Altbürgermeister und AOK-Chef zu neun Monaten auf Bewährung

Mainz (taz) - Dem Datenmißbrauch durch den früheren Dauner AOK-Chef und Altbürgermeister Ferdinand Kettenhofen (CDU) hat das Amtsgericht Wittlich jetzt einen Riegel vorgeschoben: Wegen Bestechlichkeit wurde Kettenhofen zu neun Monaten Gefängnis auf Bewährung und zu 10.000 DM Geldstrafe verurteilt.

Er hatte als AOK-Chef Adressen von Hörgeschädigten an Hörgerätehersteller in der Eifel verkauft (taz vom 25.4.89: „Daun by Law - die Macht des Kleinstadt-Triumvirats“).

In insgesamt 285 Fällen, so stellte das Gericht fest, kassierte der CDU-Mann Kettenhofen für seinen illegalen Datendeal Provisionen. Das Geld floß bis März 1989 an Kettenhofens studierenden Sohn und über diesen zum Teil an den AOK-Chef selbst zurück: 7.400 DM laut Staatsanwaltschaft. Kettenhofen gab den Empfang von 5.000 DM zu. Er nahm das Urteil an, ohne Rechtsmittel einzulegen. Trotz des Urteils ist der Provinzskandal noch nicht abgeschlossen. Denn abgetrennt vom Fall Kettenhofen wurden Verfahren gegen mehrere Hörgerätefabrikanten aus der Eifel, die ebenfalls von Kettenhofens Deal profitiert haben sollen.

Aufgeflogen war der Dauner Datendeal durch zwei Zufälle: Zum einen nämlich erhielt auch die schwerhörige Mutter einer unbeteiligten Hörgeräteherstellerin ein Werbeschreiben für Hörgeräte und meldete dies der Polizei. Zum zweiten war der Umweltschutzorganisation Greenpeace zu Ohren gekommen, daß ein Hörgeräte- und Brillenhersteller bei Daun illegal Schildpatt verarbeitet.

Auf eine Anzeige hin durchsuchte die Polizei das Unternehmen, fand aber außer Schildpatt auch jene Liste hörgeschädigter AOK-Versicherter. Das Verfahren wegen illegaler Schildpatt-Verarbeitung wurde ebenfalls vom Fall Kettenhofen abgetrennt; das Urteil steht noch aus.

jow