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„Was da geplant ist, ist eine glatte Übernahme durch Herrn Momper!“

Interview mit dem Ostberliner CDU-Chef Eberhard Engler zu Walter Mompers Schnellschuß, drei West-SenatorInnen zu Ostberliner StadträtInnen zu bestellen  ■  I N T E R V I E W

taz: Sie lehnen den Vorschlag der SPD, drei Westberliner SenatorInnen in den Magistrat zu holen, ab. Warum denn eigentlich, das beschleunigt doch die Einheit?

Eberhard Engler: Dagegen spricht die ganze Rechtslage. West -Berlin ist ein Land der Bundesrepublik, hat eine ganz andere juristische Grundlage als Ost-Berlin. Wir haben hier ein anderes Schulsystem, ein anderes Finanzsystem, ein anderes Wirtschaftssystem als im Westen, die von beiden Seiten aus behutsam aufeinander abgestimmt werden. Man kann nicht sagen, jetzt wird von der westlichen Seite aus alles übernommen. Was da geplant ist, ist kein Beitritt mehr, kein Anschluß mehr, das ist eine glatte Übernahme durch Herrn Momper. Die CDU hat immer Gesamtberliner Wahlen für den 6. Mai vorgeschlagen, und jetzt soll das alles plötzlich ohne Wähler-Legitimation laufen. Da müssen wir einfach dagegenhalten.

Es ist die Rede von Herrn Meisner, Herrn Nagel und Frau Volkholz. Haben Sie was gegen diese Leute?

Es dreht sich nicht um die Personen. Wenn die drei bereit sind, ihr Amt im Westen abzugeben und hier als Stadträte anzufangen, hab‘ ich nichts dagegen. Aber eine Doppelfunktion kann es nicht geben, das wären ja Diener zweier Herren.

Sie würde auch nicht stören, daß Frau Volkholz 1989 von der AL nominiert worden ist?

Nein. Es geht nicht um Personen, sondern ums Prinzip.

Heute morgen haben Sie mit ihrem Ministerpräsidenten und Parteichef, Lothar de Maiziere, telefoniert. Wie sieht der die Sache?

Seine Position deckt sich mit unserer. Da muß man erst mal diskutieren und die Rechtslage klären.

Planen Sie denn, einen West-CDU-Politiker in den Magistrat zu holen?

Ja. Wir klären das gerade. Aber der wird dann ganz uns zur Verfügung stehen und nicht auf zwei Hochzeiten tanzen.

Nennen Sie mir den Namen?

Nein. Ich warte noch auf seine definitive Zusage.

Welches Ressort soll er denn bekommen?

Wirtschaft. Der kennt die Prinzipien der Marktwirtschaft besser als wir.

Sie drohen damit, die Koalition platzen zu lassen, falls die SPD bei ihrem Standpunkt bleibt.

Ja. Der Prozeß der Vereinigung wird mit der Währungsunion am 2.6. noch schneller laufen als uns allen lieb ist. Trotzdem müssen wir das von unserer Seite aus steuern. Die Menschen haben hier auch 40 Jahre lang gelebt, die kann man nicht einfach anschließen.

Wird nun am Mittwoch kein Magistrat gewählt?

Wir werden dem Ältestenrat vorschlagen, den Termin zu verschieben. Es besteht Diskussionsbedarf zwischen den Fraktionen. Man kann Personalentscheidungen nicht übers Knie brechen und nur über Nacht entscheiden.

Teilt Ihre Fraktion Ihre Auffassung?

Gestern hat sie das noch getan. Falls was anderes eintritt, werden ich und mein Parteifreund Jacob (Fraktionschef der CDU, d. Red) zurücktreten.

Die SPD hat neben Meisner, Nagel und Volkholz auch die Namen Pflugbeil (Bündnis 90) und Böhm (Unabhängiger Frauenverband) ins Gespräch gebracht und angekündigt, sie auf dem SPD-Ticket in den Magistrat zu schicken. Macht Ihnen das Schwierigkeiten?

Das ist Sache der SPD. Wenn die meinen, daß das die befähigsten Leute sind...

Also: Das ist kein Knackpunkt?

Nein, das ist kein Knackpunkt.

Interview: CC Malzahn

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