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Und rechtmäßig erworben?

■ Enteignet die PDS! Und Daimler-Benz? / Unrechtmäßig erworbenes Eigentum gibt's nicht nur bei der SED-Nachfolgerin / Dunkles Kapitel auch im Westen

Berlin (taz) - Horst Niggemeier weiß Bescheid. Der nordrhein -westfälische Bundestagsabgeordnete erklärte diese Woche, woher die PDS soviel Geld hat: „Dieser Vorteil ist ... Ergebnis eines über 45 Jahre währenden Raubzuges der Kommunisten durch das ihnen von Stalin überantwortete Land. (...) Niemand und nichts waren vor dem Zugriff der kommunistischen Partei-Mafia sicher.“ Wer wollte da widersprechen - selbst PDS-Chef Gysi spricht von „kriminellen Methoden“ der SED. Mit unrechtmäßig erworbenem Eigentum beschäftigte sich die BRD in frühen Jahren. Bei den zu NSDAP und SS gehörenden Firmen war die Aufgabe leicht: Die Organisationen waren aufgelöst und verboten. Über die Vergangenheit der neuen Eigentümer dieser alten Unternehmen konnte nur gemunkelt werden. Was aber geschah mit Konzernen, die sich in der Zeit des Hitler-Faschismus durch massiven Einsatz von Zwangsarbeitern prächtig mauserten? Was wurde aus den Profiten von Daimler-Benz, von IG Farben (mit ihren Nachfolgefirmen Bayer, Hoechst und BASF), mit Krupp, Thyssen, den Banken und Werften? Für die Opfer, jüdische Zwangsarbeiter etwa, zahlte man partiell Entschädigungen. Geringe Summen, die nach einem erniedrigenden Prozedere herausgerückt wurden. Die Heerscharen von polnischen oder sowjetischen Zwangsarbeitern etwa, als Kriegsgefangene in die Produktion und nach 1943 ins Nazi-Programm „Vernichtung durch Arbeit“ geraten, gingen in ihrer überwiegenden Mehrheit leer aus.

Von einer Enteignung der Profite, die von der deutschen Industrie durch die Sklavenarbeit eingefahren worden waren, sprach man nur kurzzeitig. Als der Hamburger Mäzen Jan Philipp Reemtsma im vergangenen Jahr Unternehmen um Geld für die Restaurierung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme bat, die von den dort eingepferchten Zwangsarbeitern profitierten, erntete er Absagen. Lediglich die hannoversche Batterie -Firma „Varta“ bekannte sich zu ihrer Schuld. Und überwies 5.000 D-Mark.

Das ist und war für Horst Niggemeier nie ein Thema. Damit relativiert sich sein Anliegen. Wer PDS sagt, muß auch Daimler-Benz sagen.

Axel Kintzinger

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