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Bizarre Gegensätze

■ Das „Orchestra Marrabenta Star de Mocambique“ heizte den Schlachthof auf

Die VeranstalterInnen vom Verein Praktische Solidarität von Volk zu Volk wollten nicht einfach ein Musikereignis präsentieren, sondern auch Informationen zur aktuellen Situation im Heimatland der MusikerInnen vermitteln: Das Konzert stellte den Auftakt einer Reihe von Veranstaltungen über Mocambique dar. So gab es vorweg einen Film von Gordian Troeller über „Kinder in Mocambique - Im Schatten der Apartheid“ zu sehen.

In langen Einstellungen wurden Eindrücke von den Schwierigkeiten des 1975 unabhängig gewordenen Landes eingefangen. Der Terror, der vom südafrikanischen Apartheid -Regime ausgehaltenen Contras (Renamo), hat das Land an den Rand der Existenz gebracht. Schulen, Krankenhäuser, Verkehrswege, Ern

ten und Felder und tausende von Menschen fielen der Zerstörung zum Opfer. Die Folgen sind chronische Unterernährung, eine hohe Kindersterblichkeit und Flüchtlingselend. Nicht nur das Land, auch die überlebenden Menschen sind zerstört.

Der Film bot einen Ausschnitt aus dem mocambiquanischen Alltag, der in bizarrem Kontrast zum folgenden Konzert stand. So gutgemeint diese Herangehensweise war, so unglücklich war sie in diesen Extremen. Schon während des Films wurden die harten Bilder auf der Leinwand mit dem vor -konzert-üblichen Gequatsche ignoriert.

Zum Konzert füllte sich die anfänglich leere Kesselhalle. Das Orchestra Marrabenta Star de Mocambique führt seine Musik im Namen. Marrabenta, die popu

läre Tanzmusik Mocambiques, ist entstanden aus der Synthese portugiesischer Tanzmusik mit afrobrasilianischen und afrikanischen Elementen. Mehrstimmiger Gesang im Ruf-Antwort -Schema, die typischen kurzen Riffs afrikanischer Gitarren und calypsomäßige Bläsersätze vermischen sich mit afrikanischen Rhythmen und portugiesisch beeinflußten Melodien. Das Orchestra trat in reduzierter Besetzung auf. Die Bläsersektion war auf einen Trompeter geschrumpft, zwei Sängerinnen und zwei Tänzerinnen fehlten ebenfalls. Im ersten Set hatten die MusikerInnen eine Reihe von Abstimmungsschwierigkeiten, selten endeten alle auf dem Punkt. Die beiden Gitarristen spielten mehr gegen-als miteinander, und der Rhythmus eierte manchmal

gefährlich.

Davon ließ sich das schnell zu begeisternde Publikum nicht irritieren, und so herrschte bald ausgelassene Tanzstimmung, die musikalischer Feinheiten nicht bedurfte. Da gingen dann auch Stücke durch, die in einheimischem Ambiente als Schnulzen oder Karnevalhits verächtlich abgetan worden wären. Warum nicht. Peinlich aber, daß der Jubel immer am stärksten aufbrandete, wenn das vermeintlich pure Afrika aufblitzte, wenn nur die Trommeln tönten und die drei Tänzerinnen dazu ihre ekstatischen Bewegungen vollführten. Trotzdem gewann der Auftritt im Laufe des Abends an Kontur und Drive. Die Spielfreude und der Elan der MusikerInnen und Tänzerinnen wirkten immer ansteckend. Farin

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