: Mädchenmorgenblütenträume
■ Entenklein auf Seerosen, Unerlaubtes und andere Schönheiten aus dem Rhododendronpark
Es ist nicht nur so, daß Geld nicht stinkt. Es duftet, und zwar höchst erquicklich. Es schlupft in weiße Häuser mit blauen Balkontüren und in diese Riesenrhododendron waldförmig drumgeschanzt. Ach, wer es da ausgehalten hätte, könnte da immer noch rasenmähen. Die Rhododendren werden noch ein paar mehr, und dann gehören sie uns allen und heißen Rhododendronpark.
Der Fotograf hat nicht gewußt, wo der ist, der Rhododendronpark. Keine Gegend für unsereine/n. Was für das alte Paar, das da grade durch den Heidegarten wandelt. Blaues Kostüm und weißer Kragen und er mit gewußt-wie -Stockschirmschwingen. Sonst noch wenig Leute hier. Wolkenballen, Licht aus dem Blau dazwischen. Wasserläufe mit gelber Iris. Teichrosen. Ein winziges gelbflaumiges Entenklein läuft über die Teichrosenblätter, der Mutter nach.
Ich radle zwischen Duftschwellen durch. Die senden die Rhododendronwälder. Wenn man nicht dran denkt. Der Regen der letzten Tage hat viele von den Hellvioletten mit braunen Altersblüten durchsetzt. Die hohe Zeit der Blüte ist vorbei, aber noch stehen einzelne Scharlachrote in Flammen. In einem der abgestürzten Blütenmeere liegt der Fotograf, zimtjackig in Flieder-bzw. Rhododendronfarbe, Nase
an der Kamera, Kamera im Meer.
Das ist aber nicht erlaubt. Der Park gehört uns, aber so sehr auch wieder nicht. Denn, steht an jedem Eingang: „Es ist verboten, Pflanzen zu berühren oder Blüten zu sammeln. Pflanzen, Ufer und Rasenflächen zu betreten.“ Aber wenn man nicht betritt, sondern beliegt?
Nicht geht jedenfalls, was ich im Botanischen Garten tue, dem Teil, wo an jedem Pflanz ein Schild steht und ein Alter und ein Junger gärtnern. „Sofort absteigen!!“ Das ist der Junge. Gellend. „Die einen lassen ihre Hunde hier alles zuscheißen. Und die andern fahren mit dem Fahrrad über die Sommerrabatten. Ich glaube, ich spinne.“ Ich sage, daß ich das auch glaube und steige ab.
Daß „Fahrrad und Mofa zu fahren“ „nicht erlaubt“ ist, sieht man auch den Passanten an. Die zwei hier tragen die Hände auf dem Rücken und Rüge im Blick. Schüler schreiben Schilder ab.
Vornehmlich von mausegrünen Nichtblühern. Die aber Aster dumosus Venus heißen können. Gegenüber stehen Stiefmütterchen, die ich mal nicht doof finde, kleiner als die üblichen. Und Papaver orientale, Feuerriesiger Klatschmohn, auch schon fast hinüber, aber Hummel und ich finden Vergnügen drin und dran.
Im Rhododendroncafe „Jacobs, Krone der Gastlichkeit“ kann man sich Menüs für ab 18 Personen ausrichten lassen. Z.B. ein Bremer Menu, wo von Bremer Grüner Suppe mit Granat bis zur Bremer Rotegrütze alles Bremisch ist. Im Zeitungsstock steckt der Weser-Kurier. Wenn man will, kann man in dem lesen, daß vor der ersten freien Wahl in der CSFR im Altstädter Ring eine Bombe 20 Menschen verletzt hat. Die macht die neue Freiheit also auch erstmal wirr. Ich esse Bremer Rotegrütze-Sahne-Torte dazu und freue mich, daß ich wieder hier bin.
Uta Stolle
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