Der Eröffnungsfilm der Cuba-Filmwoche heute in der Schauburg

■ „Bis zu einem gewissen Punkt“

Der Erfolgsautor in der Nacht seines Erfolgs wirft seine Frau aufs Bett. Diese ist von seinem Sturm gerührt, legt ihren Schmuck ab. Als sie sich ihm wieder zuwendet, schnarcht er. - Der erste Kuß der Frischverliebten, man strebt dem Bett zu, doch sie kommt noch einmal zurück: das Essen vom Feuer nehmen. - „Meiner wollte z.B. nicht, daß ich arbeite,“ erklärt eine companera in eine Videokamera: Es geht um machismo, in Cuba, im Milieu der HafenarbeiterInnen Havannas, die, wie der Regisseur Guiterrez Alea meint, „ziemlich gut darstellen, was unser Proletariat ist“. Film im Film, das war 1983 in Cuba außergewöhnlich: Ein Team mit Autor und Regisseur wollen den Männlichkeitswahn filmen, machen viele Interviews, finden in der Gestalt einer Verladearbeiterin (viel Haar, jung, attraktiver Jeanstyp, kämpferisch) das Vorbild für die Hauptrolle, die die Frau des Autors spielen soll. Der sich in das Vorbild verliebt und seine Frau betrügt. Der feststellt, daß man sich noch viel intensiver als geplant mit den Problemen der ArbeiterInnen befassen sollte. Der sich nicht entscheiden kann und will. So daß schließlich Film und Liebe scheitern.

Ein Liebesfilm, sicher. Sicher auch zu seiner Entstehungszeit Avantgarde in Cuba mit den hineingeschnittenen Videosequenzen, subjektiver Kamera, Gegenwartsbezug und dem Gewicht kleinster Gesten. Der Film ertappt den machismo aber nicht nur in krassen Fällen (Vergewaltigung), sondern auch im Alltagsverhalten auch der Intelligenz. Ein bretonisches Lied taucht immer wieder zwischen karibischen Klängen auf: „Wenn ich wollte, könnte ich dir die Flügel abschneiden, und dann gehörtest du mir; aber du könntest nicht fliegen, und das, was ich liebe, ist der Vogel.“ Hinter diesen Satz schaut der Film nicht. Wegen diese Satzes endet der Film - das geliebte Wesen entschwindet per Jet - mit einem Kitschhimmel voller Möwen. Die Flügel sind dran.

Dem abgeklärten Westseher, dessen machismo mehrere Häutungen hinter sich hat, ficht die Stoßrichtung des Films nicht an. Unsere Augen fischen sich den schnieken Lada, die intensiven Farben Havannas, die Bewegungen der vielbesonnten Menschen, die schlitzohrigen Details eines Lebens im Provisorium raus. Das Exotische von mir aus; auch wenn es in Gestalt durchweg sehr selbstbewußter ArbeiterInnen auftritt, in deren Sätzen die Weisheit wohnt.

Bus

Mi, 6.6., 20h, Schauburg; davor „Eins, zwei, drei, das ist es!“ von Miriam Talavera, 1986, 12 min, Untertitel