piwik no script img

„Wir müssen in Berlin handlungsfähig sein“

■ Fragen an den Ostberliner Stadtrat für Inneres, Krüger (SPD), zu Konsequenzen aus der Skinhead-Randale / Krüger fordert erneut Polizeihoheit

taz: Sie treffen sich am Mittwoch (heute, d. red.) mit Innenminister Diestel. In dem Gespräch geht es auch um die Polizeihoheit, die noch bei Diestel liegt und die sie jetzt für Ost-Berlin zurückfordern. Rechnen Sie damit, daß Diestel dem zustimmt?

Thomas Krüger: Ich hoffe darauf. Wir müssen in Berlin unbedingt handeln und handlungsfähig sein. Wir können die Probleme im Bereich der Polizei nicht mehr lösen. Herr Diestel mit seiner Zentralgewalt kann dem nicht Herr werden. Wenn wir die Polizeihoheit einklagen, dann tun wir das zum Schutz der Berliner. Dasselbe fordern wir auch im Bereich der Staatssicherheit. Wir wollen die Auflösung der Stasi auf Berliner Ebene fortsetzen.

Die Polizei machte beim Bekämpfen der Skinhead-Randale einen sehr hilflosen Eindruck. Ist das auch Gegenstand Ihres Gespräches?

Das spielt durchaus eine Rolle. Die Polizei ist zwar richtig motiviert in dieser Auseinandersetzung und hat sich, was die Sachlage betrifft, richtig orientiert. Ich denke aber, daß die Polizei zum einen Angst hat und sich noch nicht auf die Gesamtsituation eingestellt hat. Zum anderen muß sie besser ausgerüstet werden, Strategie und Taktik müssen besser abgestimmt werden. Am Wochenende hat das einfach zu lange gedauert, bis die Polizei vor Ort war.

Werden Sie mit Diestel auch über die von Skinheads besetzten Häuser in der Weidlingstraße sprechen?

Ja. Dieses Problem sehen wir schon länger. Wenn wir die Polizeihoheit haben, werden wir dieses Problem im Sinne der BerlinerInnen lösen, um hier eine Eskalation zu verhindern.

Kann das auch Räumung heißen?

Dazu sage ich noch nichts.

Es gab nach der Randale auf dem Alexanderplatz vom 20. April eine Polizeiaktion gegen die Skinheads in der Weidlingstraße. Es kam zu Verhaftungen, gleichzeitig wurde das Büro der neonazistischen „Nationalen Alternative“ entdeckt. Kann man auf dem Hintergrund dieser Erfahrungen vermuten, daß zwischen den Bewohnern in der Weidlingstraße und den Schlägertruppen, die das „Tacheles“ überfallen haben, wieder ein Zusammenhang besteht?

Das kann man vermuten, ja. Vieles hatte am Wochenende aber auch mit dem Fußballspiel zu tun. Da sind viele nach Berlin angereist. Es gilt jetzt aber zu prüfen, wie da die Zusammenhänge sind. Was die „Nationale Alternative“ angeht: Die sind noch nicht verboten, da müssen wir jetzt schnell die verfassungsrechtliche Lage überprüfen.

Wie sollen sich jetzt denn alternative Projekte am Prenzlauer Berg, Punks und Autonome, die Häuser besetzt haben, verhalten? Die sind doch permanent gefährdet. Der Überfall auf das „Tacheles“ war ja bei weitem nicht der erste dieser Art.

Es geht darum, daß die Autonomen mit der Polizei zusammenarbeiten. Es gibt in der Ostberliner Polizei die Besonderheit, daß es gegenüber der linken Szene keine Vorurteile gibt. Ich glaube, daß ein konsequentes Verhalten der Polizei einerseits und Zurückhaltung der Autonomen andererseits jetzt wichtig ist.

Interview: ccm

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen