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„Das Treffen mit Daimler ist ein Grundstein für die Weltfreundschaft“

Gespräch mit dem Präsidenten von Mitsubishi Heavy Industries, Yotaro Iida, über die Zusammenarbeit von Daimler-Benz mit Mitsubishi, der größten Firmengruppe der Welt Zur möglichen Rüstungskooperation mit Daimler sagt Iida: „Ich wünsche mir eine Welt, in der man alles überall kaufen kann, wenn man dafür Geld bezahlt - einschließlich Waffen.“  ■ I N T E R V I E W

taz: Was haben Japaner und Deutsche gemeinsam?

Yotaro Iida: Sie haben den Krieg verloren und waren einer schwierigen Situation ausgesetzt. Sie haben in einer kurzen Zeit den Wiederaufbau geschafft, was der Welt wie ein Wunder erscheint. Ich bin nicht der Meinung, daß dabei Banken eine entscheidende Rolle gespielt haben. Entscheidend waren Fleiß und Technik. Es wäre wunderbar, wenn zwei so seltene Völker wie die Deutschen und die Japaner heute gemeinsam Ideen entwickeln und zusammenarbeiten könnten.

Was haben Mitsubishi und Daimler-Benz gemeinsam?

Das weiß ich auch nicht. Ich habe nicht die Initiative ergriffen. Ich wußte nicht einmal, daß die Daimler-Benz AG vier große Firmen umfaßt. Ich kannte nur Mercedes-Benz. Auf Ersuchen von Herrn Reuter (dem Vorsitzenden der Daimler-Benz AG, d.Red.) ist das Treffen von jeweils vier Firmenchefs von Daimler und Mitsubishi in Singapur zustande gekommen. Da konnte ich doch nicht absagen, oder?

Begreifen Sie das Treffen als historische Chance?

Fast alle Maschinen auf dieser Erde, die man mit Genuß benutzt, wurden vom deutschen Volk entwickelt. Ich habe Deutsch gelernt, weil ich dachte, man muß deutsche Bücher lesen können, um als Ingenieur erfolgreich zu sein. In diesem Sinne hat sich bei dem Treffen von Singapur das Gefühl eingestellt, daß sich meine Jugendträume verwirklichen lassen. Die Begegnung mit Daimler läßt sich für mich auch so beschreiben: Ich habe an einem Feiertag auf der Ginza (dem Tokioter Ku'damm, d.Red.) eine wunderschöne Frau getroffen und weiß nicht, welche Folgen die Begegnung haben wird.

Der Vergleich wird Herrn Reuter schmeicheln. Trotzdem fürchten die Deutschen, Mitsubishi wolle ihnen nur die teilweise überlegene Technik abgucken.

So ist es. Die schöne Frau wirft einen heißen Blick auf uns, aber sie erlaubt nicht, daß wir ihr die Hände drücken. Natürlich hoffe ich, daß Japan von Daimler, von Deutschland neue technische Fähigkeiten erlernen kann. Der Sinn der Beziehung zwischen Mitsubishi und Daimler konzentriert sich auch darauf.

Wo sehen Sie die Interessen von Daimler-Benz?

Wo unsere Zusammenarbeit kein Traum mehr ist und schon konkret begonnen hat, das ist in der Automobilindustrie. Aber da gibt es die Versuche zur Zusammenarbeit schon seit zehn Jahren. Das können Mitsubishi Motors und Mercedes-Benz alleine regeln. Dafür braucht man kein Treffen in Singapur. Dafür braucht Herr Reuter nicht persönlich zum Treffen zu kommen. Auf die Entwicklung im Automobilbereich richtet er also nicht seine Absichten. Das kann ja jeder merken. Aber was Herr Reuter tatsächlich vorhat, ist mir noch unklar.

Daimler-Benz sucht Partner in der Raum- und Luftfahrtindustrie, Mitsubishi ebenfalls. Ihre beiden Unternehmen haben bereits eine gemeinsame Forschungsgruppe für Raumfahrt gegründet. Das hört sich doch schon ganz konkret an?

In Singapur habe ich Herrn Reuter folgendes gesagt: Im Raumfahrtbereich ist die Bundesrepublik Deutschland Mitglied eines europäischen Projekts für die Raumfahrtentwicklung, an dem elf Länder beteiligt sind. Wo ist da Platz für Mitsubishi? Beim Flugzeugbau arbeiten England, Frankreich und die Bundesrepublik gemeinsam am Airbus. Wo ist da Platz für Mitsubishi? Bei der Raketenentwicklung ist es ähnlich, da läuft das europäische Ariane-Projekt. Es scheint so, als sei alles voll und kein Platz mehr vorhanden. Trotzdem, sagt nun Herr Reuter, wollen wir Freunde sein. Das ist so, als ob ein Mann eine Frau aufruft, obwohl ihn schon viele Frauen umringen.

Nun ist Mitsubishi keine x-beliebige Firma. Was Sie sagen, steht außerdem im Gegensatz zu den hohen Erwartungen, die Daimler-Benz-Verantwortliche in der Bundesrepublik äußern. Uns kommt es vor, als wollten Sie die Zusammenarbeit mit Daimler als möglicherweise schwierig oder umständlich abschütteln.

Ich sage nicht, daß es schwierig ist. Ich wäre nicht nach Singapur gefahren, wenn ich die Zusammenarbeit für schwierig gehalten hätte. Ich bin dort hingefahren, weil ich einen Weg für die Zusammenarbeit finden will. Doch noch fehlen dafür Stuhl und Bett. Deshalb bin ich nicht enttäuscht. Ich bin jederzeit zu Gesprächen bereit.

Als sich Reagan und Gorbatschow vor fünf Jahren das erste Mal in Genf trafen, haben sie auch nicht mehr als eine neue Zusammenkunft verabredet und waren sich doch darüber im klaren, daß sie die Welt verändern können.

Ich würde die Beziehung zwischen Daimler-Benz und Mitsubishi so beschreiben: Die beiden können sich gegenseitig leiden, aber sie haben beide eine komplizierte Verwandtschaft. Also müssen sie zunächst mit der Verwandtschaft konferieren und können bis dahin nicht Hand in Hand gehen.

Zur komplizierteren Verwandtschaft zählen für die Japaner derzeit die USA. Schaut Mitsubishi gen Deutschland, weil es mit den US-amerikanischen Freunden Probleme gibt?

Das sehe ich anders. Unser Verhältnis zu den USA ist ein besonderes, sowohl militärisch als auch wirtschaftlich. Aber es würde die Entwicklung beider Länder behindern, wenn sie nur unter sich blieben. In Zukunft wird die Welt so aussehen: Es gibt drei große Mächte - Amerikas, Europa und Asien. Auf der Basis dieser drei Regionen werden alle Länder zur Entwicklung der Erde beitragen. In diesem Sinne betrachte ich das Treffen mit Daimler als Grundstein für die Weltfreundschaft, als einen neuen Weg zum Frieden und nicht etwa als einseitigen Versuch von Mitsubishi, sich eine Position im EG-Europa von 1992 zu sichern.

Zur Weltfreundschaft tragen Daimler-Benz und Mitsubishi als jeweils größte Rüstungsproduzenten Japans und der Bundesrepublik auf ihre Art und Weise bei. Werden beide Unternehmen eines Tages gemeinsam Rüstungsgüter für den Frieden herstellen?

In den Zeitungen wird oft geschrieben, daß man aufgrund der Entspannungspolitik der Großmächte keine Rüstung mehr braucht. Ich aber glaube, Weltfrieden und Rüstung sind zwei unterschiedliche Kategorien.

Sie bestehen also nicht darauf, den militärischen Bereich von der Zusammenarbeit mit Daimler auszuschließen?

In Japan gibt es ein Gesetz, das den Waffenexport verbietet. Also darf man darüber noch nicht reden, sonst kommt die Polizei. Ich wünsche mir eine Welt, in der man alles überall auf der Erde kaufen kann, wenn man dafür Geld bezahlt - einschließlich Waffen.

Herr Iida, fahren Sie schon Mercedes?

Nein, ich fahre ein Auto von Mitsubishi. Ein Mercedes-Benz ist doppelt so teuer wie das beste Auto von Mitsubishi und verkauft sich trotzdem so gut. Ich möchte gerne wissen, warum sich der Mercedes trotz seines doppelt hohen Preises so gut verkauft. Wenn ich das Geheimnis lüften kann, hat sich das Zusammentreffen mit Daimler schon gelohnt.

Interview: Chikako Yamamoto und Georg Blume

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