: Mieten explodieren - Mieter auch
Mieterbund fordert rasche Maßnahmen gegen überhöhte Preise / Vergleichsmiete aus Durchschnitt errechnen ■ Aus Hamburg Kai Fabig
Die sogenannte Mietenlüge, 1982 ein heißes Wahlkampfthema, sei Wahrheit geworden. Mit diesen Worten forderte gestern in Hamburg der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Ex -Justizminister Gerhard Jahn (SPD), Maßnahmen zur Begrenzung der Mietenexplosion. Durchschnittlich seien die Neumieten in den Ballungsräumen im vergangenen Jahr um 19Prozent angestiegen. In einigen Großstädten waren es sogar über 30Prozent. In süddeutschen Städten stiegen in den vergangenen zehn Jahren die Neuvertragsmieten um 107Prozent.
Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern, fordert der DMB, daß Neumieten nicht mehr als fünf Prozent über den ortsüblichen Vergleichsmieten liegen dürften. Diese Vergleichsmiete müsse wieder aus allen Mieten ermittelt werden und nicht nur aus den teuren Neuvermietungen der vergangenen drei Jahre. Die Dreijahresregelung hatte die Bonner Wenderegierung zum 1.Januar 1983 eingeführt. Der bei bestehenden Mietverhältnissen erlaubte Mietanstieg von 30Prozent innerhalb von drei Jahren müsse auf 15 Prozent halbiert werden, lautete Jahns dritte Forderung. Würde nichts getan, könne die Wohnungsnot zu einer gesellschaftlich „explosiven Situation“ führen, sagte der Mieterpräsident.
Bei bundesweit 1,2 Millionen fehlenden Wohnungen müßten aber auch Maßnahmen ergriffen werden, damit überhaupt bezahlbare Wohnungen gebaut werden. Den Neubau behinderten vor allem die stark ansteigenden Preise für Bauland und die in die Höhe schnellenden Hypothekenzinsen. Eine Reform des Bodenrechts und der Bodenbesteuerung sei daher vonnöten. Jahn nannte hier die Abschöpfung von Wertzuwachs, um Bodenspekulation zu verhindern. Eine Senkung der Hypothekenzinsen, die dann auch auf die Kostenmiete durchschlagen würde, solle durch die Ausgabe von steuerfreien und niedrig verzinsten „Sozialpfandbriefen“ erreicht werden. Dies garantiere eine langfristige und stabile Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus.
Der DMB, in dem bundesweit rund 300 Mietervereine zusammengeschlossen sind, hält zur Zeit in Hamburg seine Arbeitstagung ab. Siehe auch Tagesthema Seite 3
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen