: Neu in der Schauburg: Fellinis „Die Stimme des Mondes“
■ La Dolce Luna
Von den Mondsüchtigen erzählt uns Federico Fellini in seinem neuen Film, von den verwirrten, hellsichtigen Wanderern der Nacht, die in Brunnen nach der Stimme des Mondes lauschen oder zwischen den Schenkeln der sexgierigen Ehefrau das Fliegen lernen.
Willkommen in der Felliniwelt, in der man immer das Unerwartete erwartet: Sein episodenhaftes Erzählen, die surrealen Schauplätze und Traumsequenzen, das metaphorische Sprechen in Bildern und die Unzahl von skurillen Typen sind schon längst keine avantgardistischen Schocks mehr, und man kann sich alle zwei Jahre wieder wohlig in einen neuen Fellini hineinfallen lassen, der zum Glück wieder einmal ganz der Alte geblieben ist.
Die letzten Filme des bald Siebzig-jährigen (Ginger e Fred undIntervista) waren auch eher nostalgische Reminiszenzen, in denen Fellinis Lieblingsschauspieler Marcello Mastroianni seinen Charme gegen blödsinnige Fernsehshows oder japanische Touristen durchsetzte.
„La voce della luna“ ist aber ein frischerer, jüngerer Film geworden, und mit Roberto Benigni (sein Welterfolg „Down by Law“ heißt in Italien tatsächlich „Daunbeilo“) hat Fellini wieder einen Schauspieler gefunden, dessen Präsenz die vielen verschiedenen Partikel des Films wie eine Klammer zusammenhält. Es ist faszinierend zu sehen, wie der Regisseur diesen extrovertierten Zappelphilipp in einen leisen, in sich gekehrten Träumer verwandelt hat. Benigni ist Fellinis alter ego Salvini - ein Optimist, der mit kindlich staunenden Augen durch seine Traumwelt schlafwandelt.
Der Ex-Präfekt Gonella (Paolo Villaggio) sieht dagegen überall Zeichen für eine große weltweite Verschwörung gegen die gesamte Menschheit, und als ihr Zentrum hat er eine Riesendisco ausgemacht.
Während er dort versucht, den Weltuntergang mit einem einsamen Walzer zu verhindern, findet Salvini zwischen den jungen Tänzerinnen das große Geheimiss, bei dem alle Filme von Fellini münden: die Frauen. Und so spricht am Ende der Mond zu ihm mit der Stimme seiner Angebeteten.
Derselbe Mond, den vorher drei Handwerker mit einem großen Kran und Seilen in einen Schuppen heruntergeholt hatten, wodurch sie einen riesigen Medienspektakel auslösten - so steht der poetische Traum direkt neben der pessimistischen Satire. Aber bald ist der gestohlene Mond an seinen Platz zurückgekehrt, und Benigni lauscht auf ihre Stimme, denn in Italien ist „La Luna“ weiblich. Wilfried Hippen
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