piwik no script img

Gründliche Prüfung ist kaum möglich

■ Betriebe bei der Umwandlung vom VEB zur GmbH Die Treuhandstelle in Schwerin arbeitet mit voller Besetzung Der mecklenburgischen Brauerei fällt die Umstellung nicht schwer Viele Betriebe gehen Joint-ventures ein

Schwerin (dpa) - Sie sind ein mächtiges Häuflein, die 30 Angestellten in der Schweriner Außenstelle der Treuhandanstalt der DDR. Sie haben es in der Hand, auf welche Weise und wie schnell die rund 300 Volkseigenen Betriebe (VEB) im DDR-Bezirk Schwerin in Kapitalgesellschaften umgebildet werden. Seit dem 1. Juni arbeitet die Außenstelle in voller Besetzung, bis zum 1.Juli soll es keinen VEB in diesem Nordbezirk der DDR mehr geben. Diesen Ehrgeiz dürfte das am Sonntag verabschiedete Treuhandgesetz noch zusätzlich anstacheln.

Ökonom Axel Puls kennt als Direktor der Treuhand -Außenstelle die Schwierigkeiten der kommenden Wochen. Noch nennen sich keine 50 Betriebe GmbH. Puls: „Die wenigen Betriebe, die sich bisher umbildeten, waren auch unter den alten Bedingungen die am besten funktionierenden. Die Betriebsleiter haben klare Konzepte, die Belegschaft zieht mit ihnen an einem Strang.

Der Staat übernimmt Schulden

Zu diesen Unternehmen zählt die Brauerei in der mecklenburgischen Kreisstadt Lübz die größte Exportbierbrauerei der DDR. Dort fällt der Einstieg in die Marktwirtschaft nicht schwer. Ansonsten gibt es nicht wenige Betriebe, die rote Zahlen schreiben und deshalb kaum in die Markwirtschaft hinüberzuretten sind. Puls will keine Beispiele nennen. Für solche Sorgenkinder sei es aber womöglich günstiger, jetzt noch ein Liquidationsverfahren einzuleiten, als nach dem 1. Juli als GmbH oder Aktiengesellschaft den Konkurs anzumelden. Jetzt übernehme noch der Staat die Schulden der Betriebe.

Zur Rettung von Betrieben hat die Treuhandanstalt bereits Kredite aufgenommen. Ein Teil des Geldes fließt auch nach Schwerin, wo erst die wenigsten VEB auf Grundlage des Joint -venture-Gesetzes Vereinbarungen über Kapitalbeteiligungen mit bundesdeutschen Firmen eingegangen sind. Wer dies getan hat, hätte ohnehin die besten Überlebenschancen gehabt.

Beim Streit entscheidet

die Treuhand

Bei den übrigen Unternehmen übernimmt die Treuhandanstalt im Auftrag des Staates zu hundert Prozent die Kapitalanteile. Voraussetzung für jede künftige Beteiligung ist, daß sie für die Betriebe vorteilhaft ist und dadurch Arbeitsplätze gesichert werden können, erläutert Puls.

Streit entzündet sich häufig an der Berufung der neuen GmbH -Geschäftsführer. Da spricht die Treuhandanstalt das letzte Wort. Nach Meinung etlicher Beschäftigter läßt der Zeitdruck, der sich eher noch verstärken wird, eine gründliche Prüfung kaum zu. Eine öffentliche Ausschreibung gibt es nicht. So stellt sich in diesen bewegten Zeiten manch alter Betriebsdirektor seiner Belegschaft als neuer Geschäftsführer vor.

Söntje Kilian

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen