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Gemeinsamer Ausschuß einig

■ Text der Polen-Erklärung steht bis auf stilistische Korrekturen / „Nicht völkerrechtlich, aber politisch verbindlich“ / Grüne und Bündnis 90 stimmen zu / CDU/CSU will Grenzvertrag 1991

Berlin (dpa) - Bundestag und Volkskammer haben in einer gemeinsamen Sitzung ihrer Ausschüsse „Deutsche Einheit“ am Mittwoch in Ost-Berlin die Erklärung zur Anerkennung der polnischen Westgrenze gebilligt. Die politische Willenserklärung, in der die polnische Westgrenze in ihrem jetzigen Verlauf als endgültig anerkannt wird, soll heute von beiden Parlamenten verabschiedet werden. Auch der Staatsvertrag zwischen beiden deutschen Staaten liegt den Parlamenten zur Abstimmung vor. Beide Regierungen sollen Polen anschließend die Erklärungen übermitteln.

Ein völkerrechtlich bindender Grenzvertrag soll dann von dem ersten gemeinsamen deutschen Parlament ausgearbeitet werden. Dieser Vertrag, der nach Ansicht des stellvertretenden CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Bötsch schon im kommenden Jahr erreichbar ist, solle umfassende Regelungen enthalten.

Befriedigt zeigte sich auch SPD-Chef Hans-Jochen Vogel über den Gang der Verhandlungen und die gemeinsame Ausschußsitzung, die von den beiden Parlamentspräsidentinnen Sabine Bergmann-Pohl und Rita Süssmuth (beide CDU) geleitet wurde. Die Entschließung, die auf ein „ganz hohes Maß an Übereinstimmung“ in Bundestag und Volkskammer stoße, habe eine große Bedeutung für die beiden Völker.

Bötsch und Vogel äußerten Verständnis für die Heimatvertriebenen, für die das Ereignis mit vielen Gefühlen und Erinnerungen verbunden sei. Die Menschen sollten jedoch bedenken, daß ihre Heimat nicht durch die Entschließung, sondern durch den deutschen Überfall auf Polen im Jahr 1939 verlorengegangen sei, sagte Vogel. Auch Bötsch erklärte, die Entschließung beziehe sich auf das Ergebnis des Zweiten Weltkrieges. Ohne diese Erklärung gebe es große Schwierigkeiten im Einigungsprozeß. Die Erklärung sei zwar kein völkerrechtlich bindender Vertrag, jedoch politisch verbindlich. Die Politiker würden ihre Glaubwürdigkeit verlieren, wenn in einem endgültigen Vertrag etwas anderes stünde als in der Erklärung.

Die Grünen und das Bündnis90/Grüne wollen der vorliegenden Polen-Erklärung ebenfalls zustimmen, erklärten sie am Rande der Sitzung. Der genaue Text, bei dem es nach Angaben von Frau Bergmann-Pohl eventuell noch stilistische, aber keine inhaltlichen Änderungen mehr geben wird, sollte noch Mittwoch abend zwischen den Parlamentspräsidien ausgearbeitet werden, damit gleichlautende Erklärungen vorliegen.

Anregungen der Grünen, die Erklärung als „Vorvertrag“ von den Regierungen paraphieren zu lassen und damit zum integralen Bestandteil des Schlußdokumentes der Zwei-plus -vier-Verhandlungen zu machen, fanden keine Mehrheit auf der zweiten gemeinsamen Sitzung des Ausschusses.

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