Veröffentlichung der Stasi-Adressen

Daß die allseitige nationale Besessenheit derzeit so manche Köpfe etwas vernebelt, ist sattsam bekannt. Was die sogenannte alternative und linke taz sich nun jedoch geleistet hat, dafür bedeutet die Bezeichnung Geschmacklosigkeit noch geradezu eine lobende Anerkennung: „Die Stasi auch in Ihrer Nähe“, mit diesen Worten preist eine tazlerin - so gesehen in den 'ARD'-Tagesthemen am 18.6. - das von der Zeitung herausgegebene Extrablatt an, das sämtliche mutmaßlichen (Ex?)-Stasi-Einrichtungen in der DDR auflistet.

Was sollte die Veröffentlichung dieses angeblichen „Zeitdokuments“ eigentlich bewirken?

Hat die taz nichts anderes zu tun, als die gesamte Rechtspresse in der Bundesrepublik noch rechts zu überholen, die Monströsitäten etwa von Springers Boulevardzeitungen noch bei weitem zu überbieten?

(...) Ist es nur „Unbedarftheit“ oder schon wieder Berechnung, die die Möglichkeit einer aus dieser Veröffentlichung, zudem in einer solchen Form, resultierenden Hetzjagd billigend (?) in Kauf nimmt? So als hätte es nie in der deutschen Geschichte entsprechende unrühmliche Vorbilder gegeben. Es wird zur schockierenden Gewißtheit: Das unsägliche „Gaskammer„-Zitat war wohl doch kein Einzelfall.

Ein wenig politische Sensibilität unserer Gegenwart und vor allem auch unserer Vergangenheit gegenüber wäre wohl das Mindeste, was man von journalistisch tätigen Menschen erwarten müßte, vom „kritischen, alternativen, linken“ Anspruch ganz zu schweigen! (...)

Rainer Schmid, Stuttgart/BRD

(...) Einen besonderen Reiz bietet Ihr mit dem Einblick in Euer Verständnis von Debatten und Diskussionen. Diese Aktion mit dem ganzen Brimborium wie Tagesthema, Pro und Contra etc. pp. zu verzieren, entspricht in Anbetracht der Verteilung der Listen (worüber doch erst debattiert werden sollte, oder nicht?) etwa dem Niveau von Anhörungsverfahren beim Bau von Startbahnen oder WAAs. Ihr entblödet Euch nicht, einerseits eine Debatte zu fordern, während Ihr auf der anderen Seite deren mögliches Ergebnis präsentiert. (...) Daß Ihr noch Mengenrabatt gewährt, zeigt wohl eher Euer Verständnis für die Regeln kapitalistischer Wirtschaft als ein Gespür dafür, welche politischen Diskussionen mit welchen Mitteln und wo geführt werden müßten.

Wenn Ihr so auf rückhaltloser Aufklärung und Vergangenheitsbewältigung steht, warum veröffentlicht Ihr nicht mal eine Liste von ehemaligen NSDAP-Parteigenossen, recherchiert, wo sie heute leben und in welchen Positionen sie heute oder in der Vergangenheit ihren Geschäften nachgehen und -gingen. Noch nie gab es außerdem eine Liste von BRD-Verfassungsschutzobjekten oder von Bullen aus den Bereichen der sogenannten politisch motivierten Straftaten. (...)

Ich glaube ja nicht, daß dies irgendetwas brächte, weil sich hierzulande niemand dafür interessen würde. Entwicklungen zum Faschismus werden ignoriert, weil er der deutschen Herrenmenschenkultur ein adäquater politischer Ausdruck ist. Etwas anderes ist es, wenn es um den Hauptfeind des deutschen Gemüts geht: den Kommunismus. Es macht besonderen Spaß, einem besiegten Gegner noch eins reinzutreten. Ihr schürt die Ressentiments und liefert gleich die Liste möglicher Angriffsziele mit.

Um überhaupt eine Rechtfertigung für Eure Absicht zu finden, phantasiert Ihr Euch eine politische Kultur zurecht, in der „die Vergangenheit“ gewissenhaft „bewältigt“ werden könnte. (...) Wer nur einen blassen Schimmer von deutschen Tugenden hat, wird wissen, daß in 9.000 Wohnungen die Menschen belästigt und verdächtigt werden, egal ob die Vorwürfe zutreffen oder nicht. Es gibt hier wie dort keine „radikale Öffentlichkeit“, sondern allenfalls einen radikalisierten faschistischen Pöbel, der „Rote raus“ oder „Gysi-Knechte“ kraekeelend schon einige Kostproben geboten hat. (...)

Wolfgang Müller, Wiesbaden/BRD

(...) Als erstes möchte ich dafür plädieren, daß den Argumenten von Jürgen Kuttner und Andre Meier von der Ost -taz (siehe taz vom 18.6.90, Seite 10) die volle Priorität gilt. Es handelt sich in erster Linie um ein DDR -spezifisches Thema, es handelt sich um Leute, die nach wie vor in der DDR wohnen, leben und arbeiten und Tagtäglich mit einer Neuorientierung und Vergangenheitsbewältigung zu tun haben.

Ich meine, die Leute, die jetzt vielleicht wirklich in ehemaligen, konspirativen Stasi-Wohnung leben. Eine traurige Erfahrung der Geschichte - und nicht nur der Deutschen, ist jene Lynchpolitik der Schweigsamen, durch die eine 40jährige SED-Herrschaft erst möglich wurde.

Es ist eine erschütternde Tatsache und ein Warnsignal zugleich, daß es scheinbar noch nicht an der Zeit ist, eine Liste mit Adressen von ehemaligen Stasi-Objekten für jedeN zugänglich zu machen.

Auch sollte in jeder Hinsicht die Verschiedenheit beider Teile Deutschlands immer bewußt sein.

Kornelia Lerche, Adresse ist der Redaktion bekannt

Die Debatte reiht sich beispielhaft ein in Konflikte, die überall in der Linken schwelen. In Wirklichkeit hat die bundesrepublikanische Linke nur am Rande unterstützend teilgehabt am emanzipatorischen Aufstand der DDR -Bürgerrechtler. Die Unterstützung war ähnlich, aber noch ungeformter, wie in den Fällen von Freiheitskämpfen in der Sonstwievielten Welt: Wer Geld für Waffen in El Salvador spendet, unterstützt damit ja, daß andere sich im Namen seiner Ideale totschießen, aber er selber eben nicht. Und er kontrolliert dieses „im Namen seiner Ideale“ nicht, sondern projiziert es nur, behauptet es einfach. Auf diese Weise machen die mit seiner Hilfe sich Erschießenden tatsächliche Erfahrungen, er aber bleibt hängen auf einem rückschrittlichen Bewußtseinstand: Er muß sogar behaupten, der Überweisungsakt sei Ausdruck eines Bewußtseins, derweil er ja nur Exkulpation ist.

Das ist die fürchterliche Linke, die andere Erfahrungen machen läßt, die sie dann einfach leugnet. Und es ist überhaupt nicht erstaunlich, daß diese Linke zuallererst ihre Inhalte aus dem Bewußtsein verliert, wenn sie denn von der Wirklichkeit unleugbar, nämlich hier, geprüft werden. Nur liegt dies wirklich nicht an den Ideen, sondern an den erlernten Verhaltensweisen. (...) Es spricht ganz erheblich gegen die taz, daß sie auf den populistischen Bundeskanzleramtswellen mitschwimmt, und am erheblichsten spricht gegen die westdeutsche taz, daß sie dabei nicht vor denunziatorischen Blockwartanwürfen zurückscheut. Darin ist nur ein verzweifeltes Schielen auf öffentliche Anerkennung zu sehen, auf eine Anerkennung, die von der angewiderten Intelligenz wohl kaum kommen kann.

Besinnt Euch! Ihr wart als emanzipatorisches Projekt angetreten; zelebriert jetzt nicht diese riechende Anpassung ins kleinbürgerliche Nirgendwo! (...)

Ihr wartet auf Stellungnahmen der Linken, wie sie mit dem „Mauertrauma“ umgehen. Ich erwarte Stellungnahmen von Euch, wofür Ihr jetzt noch arbeiten wollt! Es ist gut, daß die Mauer fiel. Was daraus wurde, ist nicht nur Schuld der anderen. Keine billige Ersatz-Katharsis! Nicht: Die sollen aufarbeiten! Nicht aus Mitscherlich eine Waffe gegen Menschen machen, die man persönlich gar nicht kennt! Nicht auf anderer Rücken Eure Scham zelebrieren:! Die geht dabei verloren, und damit auch die Maßstäbe, und damit die Perspektive, und damit die Fähigkeit zur informierenden Berichterstattung.

Eckard Sträßner, Hamburg

Gewiß darf eine Zeitung die Auflistung ehemaliger Stasi -Besitztümer veröffentlichen. Ob sie es auch soll? Ein besonders wertvoller Beitrag zur Geschichtsaufarbeitung ist eine nackte Objektliste gerade nicht. Eben eher eine „Sensation“.

Aber der Streit um die Stasi-Listen ist wohl auch nur ein Anlaß für eine ganz andere, wesentlichere Auseinandersetzung. Dem Statement der „Ost-taz“ entnehme ich, daß es ihr um viel mehr geht: um den Vorgang, wie die sogenannte „Aufarbeitung der Vergangenheit“ in der massenmedialen Öffentlichkeit zum Vehikel wird für die Entstehung einer neuen deutschen Ideologie, die die historische Schuldlast abwälzt auf das „sozialistische Satanswerk“. Aber in geradezu abschreckender Selbstgefälligkeit und aufgeblähtem Pathos ist das „West -taz„-Statement blind für solche Sorgen und versteigt sich zu maßlosen Vorwürfen: Für die „taz“, „das Volk“ und „die Öffentlichkeit“ kämpft die mutige Brigitte Fehrle, gegen die „feige“ Redaktionsleitung und ganz besonders gegen „die MitarbeiterInnen mit DDR-Staatsbürgerschaft“. Die nämlich wollten „das Volk“ wieder „zu unwissenden und damit ohnmächtigen Objekten“ machen. Die „alten Methoden“! So trete die taz „das Erbe der SED-Funktionäre“ an.

Die Hysterie in Fehrles Worten irritiert. Sie reizt zur Frage, wer hier eigentlich was „gigantisch“ verdrängt? Jedenfalls, in der Restlinken-West sind es ja nicht nur die Negativisten von der „Radikalen Linken“, die qua Ab- und Ausgrenzung der Erinnerung ihrer eigenen Geschichte aus dem Weg gehen; es sind auch jene neuen Positivisten, die den „Verfassungspatrioten“ in sich entdeckt haben und „das Volk“, wie Fehrle, „im Zweifel auch“ gegen „Bürgerkomitees“ verteidigen. (...)

Wolfram Stender, Hannover

(...) Die taz befindet sich im Besitz einer Liste von 9.251 Stasi-Adressen. Einige Gründe sprechen dafür, sie zu veröffentlichen. Einige andere Gründe sprechen dagegen. Die Argumente, die in den bisherigen Debattenbeiträgen für oder gegen eine Veröffentlichung angeführt wurden, erscheinen mir gleichermaßen fragwürdig; sie rechtfertigen weder die Notwendigkeit, die Liste um jeden Preis sofort zu veröffentlichen, noch die Notwendigkeit, die Veröffentlichung um jeden Preis zu verhindern. Die Dringlichkeit, mit der die Diskussion geführt wird, die Heftigkeit der Anklage läßt sich aus ihnen nicht erklären.

Man muß kein DDR-Bürger und auch nicht unbedingt gegen eine Veröffentlichung der „Stasi-Liste“ sein, um sich über die Art und Weise zu wundern, wie die Mehrheit der West-taz -RedakteurInnen ihr Interesse gegen die Minderheit ihrer Ost -KollegInnen durchsetzen. Da wird die sofortige Veröffentlichung der Liste zum taz-Essential, zur Identitäts - und Existenzfrage erklärt, ohne daß auch nur halbwegs einleuchtend begründet wird, warum eigentlich gerade die Nichtveröffentlichung dieser Liste für die Identität der taz bedrohlicher sein soll als alle Fehler, Skandale und Versäumnisse, die sie sich im Laufe ihrer über zehnjährigen Geschichte bisher - und zwar erheblich! - geleistet hat.

Da nennt Brigitte Fehrle den Einspruch der DDR -MitarbeiterInnen „eines der traurigsten Kapitel der taz -Geschichte“ und malt das „Ende der Zeitung“ an die Wand, wenn sie beginne, sich die Entscheidung darüber anzumaßen, „wer eine Informatin bekommen soll und wer nicht“. Aber ist das ganz so einfach? Auch die taz veröffentlicht, soweit ich es sehe, nicht wahllos jede Information, auch die taz veröffentlicht, soweit ich es sehe, nicht regelmäßig ihr zugängliche Adressenlisten, weil sie in einer bestimmten Situation von öffentlichem Interesse sein könnten. Mit keinem Wort wird darauf eingegangen, daß es sich bei Adressen in der Tat um eine besonders sensible Art von Information handelt, mit keinem Wort auch darauf, daß sich die Gesellschaft der DDR derzeit tatsächlich in einem außergewöhnlich labilen Zustand befindet. Aber eine Begründung für die Dringlichkeit der sofortigen Veröffentlichung der Stasi-Liste, die diese beiden Umstände nicht besonders sorgfältig und ernsthaft bedenkt, erfüllt ihren zweck nicht, soviel sie sonst auch für sich haben mag. (...)

Das journalistische Selbstverständnis der taz und das Ideal der radikalen Öffentlichkeit sind keine absoluten Werte. Es muß ständig neu bestimmt und durchdacht werden, wie sie in konkreten Situationen realisiert werden können, und sie müssen auch grundsätzlich zur Diskussion gestellt werden dürfen. Sie taugen nicht zu Heiligtümern, aber sie haben viel für sich, wenn diejenigen, die sie vertreten, fähig sind, sie zu begründen, über sie (und sich selbst!) nachzudenken, statt mit ihnen wie mit Knüppeln auf ihre KollegInnen einzudreschen.

Anselm Bühling, Berlin-West

Unverständlich bleibt mir die Entscheidung, das taz-Plenum in Berlin-West zur allmächtigen Zentralgewalt, zum Herrscher aller tazzen, wuchern zu lassen. Die Redaktionen der „Teilausgaben“ in Berlin/DDR, aber auch in Hamburg und Bremen, die die taz vor Ort verantworten müssen, dort den Vertrieb und die Abobetreuung übernehmen, werden zu KasperInnen degradiert.

Mit welcher Selbstgerechtigkeit maßt Ihr Euch an, eine Lage besser als die, die diese Situation in der DDR taztäglich leben, beurteilen zu können? Es werden die MitarbeiterInnen der DDR-taz sein, die die leichtsinnige Veröffentlichung der Stasi-Listen und ihrer Folgen verantworten müssen.

Von Streitkultur ist wenig zu spüren, wenn bereits während des laufenden Diskussionsprozesses Tatsachen, hier durch die Verteilung und den Vertrieb der Listen, geschaffen werden, die eine noch zu treffende Entscheidung einseitig vorwegnehmen. Gehört denn nicht auch Basisdemokratie und Dezentralismus (eben auch mit örtlicher Eigenverantwortung) zum Selbstverständnis einer alternativen Tageszeitung? Oder war das auch alles nur eine Illusion? (...)

Jens Schreiber, Delmenhorst/BRD

(...) Hut ab, vor dem Mut der WessitazlerInnen, wenn sie drauf dringen: „Das Risiko der Bedrohung einzelner muß man (!) eingehen“. Völlig richtig: Das große Ziel zählt, was macht da schon so ein zusammengeschlagener Einzelner, ein vielleicht in verständlichem Zorn umgebrachtes Individuum. Wenn es nur die Verordner eines solchen Risikos nicht trifft.

Wir leben in der DDR, und Ihr, liebe WessitazzlerInnen in der BRD oder West-Berlin. Ihr habt von draußen geguckt. Wir waren drin. (...) Es hat niemand das Recht, für einen anderen zu entscheiden, ob der ein Risiko zu tragen hat oder nicht. Und das von Euch verordnete Risiko wird um so himmelschreiender, als Adressen nicht auffindbar sind oder Wohnungen längst neu vergeben. Ich empfehle Euch ein ganz heißes Buch: Die verlorene Ehre der Katharina Blum,(Heinrich Böll).

„Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.“ Hart aber gerecht, nicht wahr? Stasi läßt grüßen. Und: Entweder der Satz stimmt nicht, oder die Opfer der Reichspogromnacht hatten alle was zu verbergen. Oder täusche ich mich da? Aber die WessitazlerInnen haben ja was übrig für bahnbrechende Formulierungen. Ich erinnere mich an den Artikel mit den „gaskammervollen“ Diskotheken.

Ich danke allen DDR-tazlerInnen für ihre aufrechte Haltung und den Versuch, die Interessen von DDR-LeserInnen, BürgerInnen zu vertreten und einzubringen.

Michael Czollek, Berlin-Ost

Über mir und zwei Stock unter mir eine konspirative Wohnung ein als Rechenzentrum getarntes Datenzapfinstitut. Daneben ein Institut für Afrika-Nahost-Wissenschaften. Gegenüber das Diestel-Ministerium. Braucht mir keiner zu sagen, was das war und vielleicht wieder ist. Die Wohnung über mir wird regelmäßig von verschiedenen Wohnungssuchenden aufgebrochen.

Ich kann mir vorstellen, was passiert, sollte einer der anschlußseligen deutschen Hysteriker mal klingen. Krieg ich dann eine Stahlstange über die Rübe oder soll ich mir lieber gleich ein Ticket nach Bukarest oder Frunse kaufen.

Offenheit heißt nicht, sich die Gedärme aus dem Leib zu schneiden.

Vor sechs Wochen noch entdeckte man Massengräber in den ehemaligen KZs und fand die Knochen von denunzierten Unschuldigen. Geht die Denunziation weiter, und wen trifft sie eigentlich? Die Stasi wird sich schon lange in andere Löcher oder in den künftigen Verfassungsschutz geflüchtet haben. Was also soll das? Haben die Leute von der West-taz nur ein Kurzzeitgedächtnis? Mir scheint, ein pseudoliberaler Pickel drückt denen die Stirn und sie wollen in jedem Fall den Vereinnahmern von Bolle/Daimler-Benz/Kaffeekannenkaiser in nichts nachstehen. Dumm-linkischer Ehrgeiz.

Ich empfehle den Leuten der West-taz, ihre linkshändischen Wichsgriffel aus immer noch unseren Angelegenheiten zu nehmen und den Kollegen der DDR-taz wieder die Autonomie zu behaupten, die sie bei ihrer Gründung hatten.

Peter Brasch, Berlin

Mit Interesse las ich Eure kontroversen Standpunkte zum Thema „Offenlegung der Stasi-Adressen“. Leider scheitern offenbar - wie so oft in der zurückliegenden Zeit - selbst erste Ansätze einer notwendigen Vergangenheitsbewältigung an ihrem Ausgangspunkt der unmittelbaren konkreten Information.

Offenbar wird auch der DDR-Bürger des Jahres '90 weiterhin für unmündig gehalten, mit brisanten Informationen umzugehen. Für höchst bedenklich halte ich die Meinung Ihrer Kollegen Jürgen Kuttner und Andre Meier, Täter und Betroffene gleichzusetzen in ihrer moralischen Verantwortung.

Deshalb freue ich mich über den auch vertretenen gegenteiligen Standpunkt und über die Möglichkeit, die genannte Adressenliste bestellen zu können. Als Ortsvereinsvorsitzender der SPD geht es mir hierbei vor allem um die Möglichkeit, die verdeckte Arbeit der Stasi zu analysieren, offenzulegen und hierbei einem hohen Informationsbedürfnis Rechnung zu tragen.

Helmar Liebscher, Halle/DDR