Ein Kauz als Retter amerikanischer Urwälder?

Die Eule „Spotted Owl“ wurde in den USA auf die Liste bedrohter Arten gesetzt / Die Entscheidung könnte Urwälder retten  ■  Aus Washington Silvia Sanides

Ein Käuzchen soll die Urwälder im US-amerikanischen Nordwesten vor der Motorsäge bewahren. Wie? Indem die amerikanische „Behörde für Fischerei und Wildnis“ die „Northern Spotted Owl“ jetzt in die Liste der bedrohten Arten aufnahm, können Umweltschützer nun juristisch gegen Urwaldrodungen vorgehen, da diese den Lebensraum der geschützten Eule zerstören. Vertreter der Holzindustrie warnten am Wochenende sofort vor den wirtschaftlichen Konsequenzen der Entscheidung. Ein Schutz der Wälder könnte in den nächsten zehn Jahren 28.000 Beschäftigten den Arbeitsplatz kosten. Es geht um die Zukunft der verbleibenden eine Millionen Hektar Urwald in den Staaten Washington, Oregon und im Norden Kaliforniens. Etwa die Hälfte dieser Wälder ist heute geschützt. In den anderen Gebieten regiert die Holzindustrie, die die Wälder von der US-Regierung pachtet. Hektar um Hektar verschwinden 300 bis 700 Jahre alte Zedern, Douglasien und Redwoods in den Sägewerken.

Den Umweltschützern geht es in erster Linie um den Erhalt dieser einmaligen Wälder. Die Eule paßt da prima: Laut Gesetz muß der Lebensraum bedrohter Arten geschützt werden. Die hohen Ansprüche des Käuzchens kommen also sehr gelegen. Nicht weniger als 2.000 Hektar Urwald benötigt ein Spotted -Owl-Pärchen, um sich ungestört zu ernähren und fortzupflanzen. Folglich ergab eine Regierungsstudie, daß ein Drittel der bisher zum Abholzen bestimmten Wälder unter Schutz gestellt werden müssen, um die auf 2.000 geschrumpften Eulenpaare zur Fortpflanzung zu bringen.

Ob sich die Bush-Regierung an diese Studie halten wird, ist noch ungewiß. Erst im Lauf dieser Woche sollen konkrete Pläne für die Zukunft der Eulen bekannt gemacht werden. Umweltschützer befürchten faule Kompromisse. Präsident Bush hat bereits den in der Holzindustrie beschäftigten Arbeitern Unterstützung zugesagt. In dem Fall wollen die Umweltgruppen in Gerichtsprozessen die Einhaltung des Artenschutzgesetzes einklagen.

Die Washingtoner Entscheidung zur Zukunft der Urwälder hat internationale Bedeutung: Werden die Wälder unter Schutz gestellt, so wäre das einer der umfassendsten Einsätze zugunsten der Natur, die je unternommen wurde. Die Japaner, die das Holz aus den USA importieren, und die Brasilianer, die ihre Regenwälder abholzen, verfolgen daher gespannt die Entscheidung über die Zukunft des amerikanischen Urwalds.