: DSUler kämpfen in der nächsten Runde
■ Diestel erwägt Austritt wegen rechtsradikaler Tendenzen in der Partei / Fraktionsschef: keinen Parteiausschluß gefordert
Berlin (afp) - Innenminister Diestel (DSU) sieht in seiner Partei „immer stärkere rechtsradikale Tendenzen“ und erwägt einen Austritt. „Ich muß mir überlegen, wie lange ich da noch mitmache“, sagte Diestel gegenüber der 'Bild'-Zeitung. Die rechtsradikalen Tendenzen in der DSU hätten sich zuletzt bei den Enthaltungen und Gegenstimmen aus seiner Fraktion zur Volkskammererklärung zur polnischen Westgrenze gezeigt. Er habe die DSU als christlich-konservative Partei gegründet. Wenn sie rechtsradikal werde, „dann ohne mich“.
Der Vorsitzende der DSU-Fraktion in der Volkskammer, Hansjoachim Walther, hatte zuvor dementiert, er wolle beim bevorstehenden Parteitag den Parteiausschluß Diestels beantragen. Er habe „nichts dergleichen gefordert oder angekündigt“, sondern lediglich am Rande des Landesparteitags der DSU in Gera mit Journalisten über die Kontroverse seiner Fraktion mit dem Innenminister gesprochen, sagte Walther.
Die Thüringer 'Tagespost‘ hatte Walther am Montag mit der Äußerung zitiert, er sei davon überzeugt, daß Diestel nach dem Ende der Woche in Leipzig stattfindenden Parteitag „nicht mehr der DSU angehören wird“. Diestel falle der DSU ständig in den Rücken und schade dem Ansehen der Partei „aufs schlimmste“. Walter erklärte, er habe nach Erscheinen des Berichts sofort mit Diestel telefoniert und klargestellt, daß die Meldung auf einem Mißverständnis beruhe.
Diestel erklärt jetzt auf die Frage, ob er seinen Fraktionschef als Rechtsradikalen ansehe: „Keine Ahnung, der ändert viel zu oft seinen Standort.“ Zwischen der DSU -Fraktion und Diestel war es bereits vor einem Monat zum Eklat gekommen, nachdem sie wegen der angestrebten Mitarbeit des Ex-Geheimdienstchefs Markus Wolf an der Zerschlagung der Stasi den Rücktritt des Ministers gefordert hatte.
Der Chef der bundesdeutschen DSU-Schwesterpartei CSU, Waigel, mahnte unterdessen zur Mäßigung und sprach sich gegen eine Ablösung Diestels als Minister aus. Diestel wolle ohnehin nur bis zum Tag der Vereinigung im Amt bleiben.
Das Außenministerium hat sich unterdessen von seinem Staatssekretär Frank Tiesler, einem der sechs Gegner der Grenzresolution, distanziert. Die Kritik Tieslers an dem Text zur Oder-Neiße-Grenze sei eine „unnötige und wenig sachkundige Belastung“. Die Gegner hatten in der Volksammer jeden „Erklärungsbedarf“ zur polnischen Westgrenze verneint und im Gegenzug Garantien für die deutsche Minderheit in Polen gefordert.
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