piwik no script img

2.800 Polizisten schützen das „Große Fressen“

ICC-Kongreß in Hamburg: Heftige Auseinandersetzungen zwischen Polizei und KongreßgegnerInnen / Blockade der Fischauktionshalle mit mäßigem Erfolg / Demonstration in der Innenstadt von der Polizei mit Schlagstöcken aufgerieben / Gewalt und Gegengewalt wie gewohnt  ■  Aus Hamburg Kai von Appen

147 Festnahmen, zahlreiche verletzte PolizistInnen und ProtestlerInnen, diverse zerdepperte Scheiben in der City: das ist die Bilanz der Proteste anläßlich des Begrüßungsdinners von 2.000 Managern und Politikern am Eröffnungstag des Kongresses der Internationalen Handelskammer (ICC) in Hamburg. Rund 1.000 ICC-GegnerInnen weit weniger als erwartet - hatten zuvor in der Innenstadt und sodann mit einer Blockade der Fischauktionshalle gegen die von ihnen als „Bourgeoise-Gipfel“ der „Pfeffersäcke, Bonzen und Banditen“ bezeichnete Konferenz demonstriert.

Schon im Vorwege der Proteste hatte die Innenbehörde zunächst sämtliche Demonstrationen anläßlich des „Großen Fressens“ (ICC-Gegner) wegen zu erwartender Gewalttätigkeiten für das gesamte Hamburger Stadtgebiet verboten - so auch auch die von der GAL für Dienstag abend angemeldete Demonstration in der City.

Während das Verwaltungsgericht dieses Verbot bestätigt hatte, hob das Oberverwaltungsgericht den Ausnahmezustand für die Elbmetropole in letzter Minute wieder auf. Lediglich der Kernbereich der City mit ihren zahlreichen Hotels, in denen die ICC-TeilnehmerInnen logieren, sollte weiterhin demonstrationsfreie Zone bleiben.

Doch auch der genehmigte Protestmarsch kam nicht zustande. Aus Angst vor einem mobilen Wanderkessel - der zwar im benachbarten Bremen höchstrichterlich verboten ist, in Hamburg aber noch weiterhin praktiziert wird - löste die GAL die Demo nach einer Kurzkundgebung auf. Wenig später formierte sich dennoch ein Zug und zog friedlich durch die City.

Erst als die Polizei einschritt, kam es zu der von der Innenbehörde prophezeiten Gewalt. Bei regelrechten Treibjagden machte die Polizei immer wieder vom Schlagstock Gebrauch. Wo es möglich war, wurden die ungewollten DemonstrantInnen eingekesselt. Allein bei diesen Aktionen nahm die Polizei 80 Personen fest, die Demo wurde aufgerieben. Kleinere Gruppen reagierten auf gewohnte Art: mit Scheibenklirren.

Die Fischauktionshalle, in der die 2.000 kapitalkräftigen Gäste erwartet wurden, glich zu diesem Zeitpunkt einer Festung. Tausende Polizisten, eine Armarda an Wasserwerfern standen bereit.

Dennoch entwickelte sich auch hier zunächst eine Blockade, an den Zufahrtswegen wurden Sperren aus Menschen und Bauschutt errichtet. Während eine Sperre innerhalb weniger Minuten von der Polizei geräumt werden konnte, dauerte die Blockade des Fischmarktes bis in die Abendstunden an.

Erst eine Stunde nach Beginn des Festessens gingen die Polizisten gewaltsam gegen die bis dato friedlichen BlockierInnen vor. Die zogen sich dann jedoch, nach Stein und Flaschenwürfen, ins nahe gelegene Schanzenviertel zurück. Dort kam es abermals zu schweren Auseinandersetzungen, als die Polizei die Proteste gänzlich im Keim ersticken und weitere ProtestlerInnen festnehmen wollte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen