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„Eine militärisch schwache Leistung“

■ Veranstalter und Demonstranten versuchten eine Auswertung der Antifa-Demo von Lichtenberg / In Zukunft geheime Aktionen gegen die Weitlingstraße?

Prenzlauer Berg. Nachdem es am Samstag bei der als „Antifaschistische Großdemonstration“ angekündigten Veranstaltung zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen war, trafen sich nun am Mittwoch abend die Organisatoren im autonomen Info-Cafe „Bandito Rossi“. Vergeblich versuchten einige Anwesende - so 'Anzeiger'-Chefredakteur Wolfram Kempe und Jutta Braband von der „Vereinigten Linken“ - den zahlreich erschienenen Westberliner „Revolutionären“ klarzumachen, daß in Ost-Berlin eine andere Situaion herrsche als im Westen, daß die Volkspolizisten noch außerordentlich „autonomenfreundlich“ seien, daß nicht „die Bullen“ Angriffsziel von irgendwelchen „Kämpfen“ sein könnten. Vergeblich. Ein junger Mann mit rheinischem Akzent sprach von einer „militärisch schwachen“ Leistung der Randalierer, ihm sei „nach mehrmaligen Ansehen der Videos“ klar gewesen, daß die Fascho-Festung Weitlingstraße durchaus zu stürmen gewesen wäre. Einmal mehr waren es vor allem die anwesenden Westberliner, die ihren Freunden im Osten klarmachten, daß eine Konfrontation mit der Polizei zu rechtfertigen sei, schließlich hätte sie „die Faschisten geschützt“. Ein anderer meinte, es wäre taktisch unklug, Aktionen gegen die Weitlingstraße vorher anzukündigen, das müsse man „ganz anders“ machen. Als eine Vertreterin einer autonomen Rundfunkstation darum bat, die Diskussion aufzeichnen zu dürfen, erhob sich ein wahrer Proteststurm. „Medien raus“, wurde gebrüllt; die taz bekam ebenfalls ihr Fett ab - hatte es doch einer ihrer Fotografen gewagt, die Randale aus einer Richtung aufzunehmen, in der sich nur Faschos befunden hätten! Dummerweise gab sich der Berichterstatter der taz als solcher zu erkennen und wurde unter lautem Johlen („taz raus, taz raus!“) nach draußen komplementiert, so daß er über daß Ende der Veranstaltung leider nichts zu berichten weiß. Ganz andere Konsequenzen aus den Lichtenberger Ereignissen zog gestern die Gewerkschaft der Polizei und die Gewerkschaft der Volkspolizei: Schutzanzüge und bessere Ausrüstung für die Ordnungshüter.

o.k.

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