Crashkurs mit DAVID? 55 Milliarden für Telekom

Berlin (taz) - Keine Frage - das Telefonieren innerhalb und nach der DDR ist eine echte Vereinigungsbremse - gerade die junge Marktwirtschaft verlangt nach Abhilfe. Mit 55 Milliarden DM Investitionen bis 1997 sollen nun die maroden DDR-Telekommunikationsnetze auf Weltniveau geputsch weren gestern wurde von der deutschen Telekom Ost wie West die kurz- und mittelfristige Planung vorgestellt, wie der gewaltige Kuchen aufzuteilen sei. Klare Vorgabe: Zunächst muß die Wirtschaft telekommunizieren können, erst dann sind die Privathaushalte dran. Auf entsprechend hohem technischen Standard sind die Sofortmaßnahmen angesiedelt, die Heinz Uhlig, Leiter der Generaldirektion Telekom der DDR, der Presse in Berlin vorstellte: so die schnelle Versorgung von Leipzig und Berlin mit dem C-Funktelefonnetz, das noch in diesem Jahr auch entlang der Ex-Transitstrecke Berlin -Helmstedt installiert sein soll. Der großflächige Ausbau des C-Netzes für alle Ballungsräume kommt bis Ende '91. Wer über das nötige Kleingeld verfügt, kann sich dann im Westen ein Mobiltelefon besorgen. Anschaffung und Gebühren sind gemessen am Normaltelefon allerdings ausgesprochen teuer, und Funkkanäle sind auch in Zukunft knapp. Trostpflaster für die gemeinen Telefonkunden - neben der Erhöhung der Zahl von Ost-West-Verbindungen: Noch in diesem Jahr werden 100.000 neue Anschlüsse realisiert, von 1985 bis 1989 waren es genau 60.000. Den berüchtigten Doppelanschluß, bei dem immer nur ein Teilnehmer telefonieren kann, wird es aber noch eine Weile geben.

Entwicklungshilfe aus dem All steuert die Deutsche Bundespost bei. Via Satellit werden die Dienste DAVID, DIVA und der Datenübertragungsservice DASAT realisiert. Gar nicht glücklich darüber ist DDR-Telekom-Leiter Uhlig, denn auf den Satellitenkanälen soll nach dem Willen von West-Postminister Schwarz-Schilling auch die private Wirtschaft für eine Übergangszeit ihren Telefonverkehr abwickeln dürfen - das Netzmonopol der DDR währe aufgeweicht. Beim Vollausbau der Telefonverbindungen per Kabel bis 1997 soll es dann 8,9 Millionen Anschlüsse gegenüber jetzt 1,8 Millionen geben, dazu alles von Telefax bis Btx. Überhaupt will man nicht zimperlich sein beim Einsatz neuer Technologien: Alle in Zukunft installierten Telefonvermittlungsstellen sind auch für die Datenautobahn ISDN ausbaubar, und, so Uhlig, „wenn man den Boden schon mal auf hat“, soll auch gleich der nächste Entwicklungsschritt, die Verlegung von Breitbandglasfaserkabel ins Auge gefasst werden - die DDR würde zum telekommunikativen Vorreiter, auch was die Datenschutzprobleme betrifft.

Eine bittere Pille gab's für die versammelte Journaille: Um Überlastungen zu vermeiden, soll die Sprechdauer im C-Netz möglicherweise auf fünf Minuten begrenzt werden - die Westjournalisten protestierten, ist für sie doch das „Händy“ -Telefon Lebensnerv und Statussymbol zugleich geworden.

Frank Holzkamp