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Bremen mitten in Ganz-Deutschland

■ Senat legt Szenario vor: Unterm Strich bringt deutsche Einheit für Bremen so viel wie sie kostet

Der Bremer Senat hat seit gestern eine vorläufige, aber eigene Meinung zur deutsch-deutschen Vereinigung. Nach intensiver Diskussion kam der Senat - erstmals wieder in Gegenwart des blendend braungebrannten Bremer Bürgermeisters - zu der Überzeugung: Unter'm Strich macht die Vereinigung für Bremen fast nichts. Chancen und Risiken halten sich aus Bremer Sicht ungefähr die Waage. Was immerhin eines unterstellt: Daß es eine Bremer Sicht auch in Zukunft noch gibt. Der Senat jedenfalls geht fest davon aus, daß ein Bundesland Bremen auch in einem Ganz-Deutschland noch Platz haben wird.

In allen anderen Politik-Bereichen sind die Regierungs -Prognosen dagegen vor allem auf Wenns, Abers und Vermutungen gebaut. Denn: Was die Vereingung kostet und wieviele DDR-Bürger trotz D-Mark noch nach Bremen umziehen werden, weiß niemand. Dennoch sieht der Senat eine ganze Reihe von Problemen auf Bremen zukommen. Die wichtigsten: Weniger - wieviel weiß niemand - Geld aus Bonn und den Brüsseler EG-Fonds. Die Sanierung der DDR könnte Vorrang vor Bremer Strukturhilfen haben. Größerer Bedarf an Wohnungen (geschätzt: ca. 1.000 pro Jahr), Kita-Plätzen und Schulklassen, weil auch in einem vereinigten Deutschland Bremen für DDR-Bürger immer nocht attraktiver sein könnte als Bitterfeld oder Buna. Höhere Nachfrage nach Arbeitsplätzen und zusätzliche Kosten für Sozialhilfe. Der Senat rechnet mit 1.600 bis 5.000 Bremer NeubürgerInnen pro Jahr aus der DDR. Längst nicht alle werden sofort Arbeit finden. Zusätzlich sind 15.000 Arbeitsplätze in Bremer Rüstungsunternehmen gefährdet. Wedemeier: „Wir müssen sofort allen Sachverstand bündeln, um zu Konversionsstrategien zu kommen.“ Dazu hält Wedemeier - im Gegensatz zu seinem Senatskollegen Beckmeyer - auch die Gründung eines Konversionsbeirats für sinnvoll.

Den neuen Problemen, durch die Wedemeier vor allem auf das Bau-, Sozial-, Wirtschafts-, Bildungs- und Verkehrsressort „Handlungsbedarfe“ zukommen

sieht, stehen aber auch Chancen gegenüber: So hofft der Senat auf ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von rund einem Prozent pro Jahr und auf 15 bis 30.000 neue Arbeitsplätze bis zum Jahr 2.000. Voraussetzung: Die Bremer Wirtschaft muß alle Anstrengungen unternehmen, um vom erhofften DDR-Wirtschftswunder zu profitieren. Gute Chancen sieht der Senat insbesondere für Bremer Im- und Exporteure und die Bremischen Häfen, denen die neue, handelsstrategisch günstigere Verkehrs

lage Bremens zugute kommen könnte.

In die bundespolitische Debatte um den 2. Staatsvertrag will sich der Bremer Bürgermeister ab sofort nach Kräften einmischen. Ziel: Diesmal zumindest unter Sozialdemokraten und SPD-regierten Ländern rechtzeitig für eine gemeinsame Haltung sorgen. Erste Gelegenheit dazu hatte Wedemeier gestern abend bei einem Treffen mit seinen Amtskollegen Engholm, Schörder und Voscherau im Bremer Rathaus.

K.S.

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