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Juristisches Denken

■ betr.: verhaftete ehemalige RAF-Mitglieder

betr.: Verhaftete ehemalige RAF-Mitglieder

Erstaunlich ist der abnehmende Mangel an Rechtsbewußtsein bei den jetzigen Staatsorganen: Da werden DDR-Bürger nach westdeutschen Haftbefehlen festgenommen (und wenn sich deren Ablauf herausstellt, wieder freigelassen). Obwohl Artikel 33 der Verfassung („Kein Bürger der DDR darf einer auswärtigen Macht ausgeliefert werden“) nicht außer Kraft gesetzt ist, sind hiesige Strafverfolgungsorgane mit Auslieferungsvorhaben befaßt. Und das an einen Staat namens Bundesrepublik Deutschland, der in vergleichbaren Fällen die Rückführung von Straftätern an das Herkunftsland verweigerte, zum Beispiel bei Flugzeugentführern aus der CSFR. Die Handhabung von juristischen Möglichkeiten frei nach politischer Opportunität ist kein Ausweis für Rechtsstaatlichkeit.

Vergessen scheint auch, daß die Asylgewährung für politisch motivierte Straftäter - denen im Unterschied zu Kriminellen keine „niedere Gesinnung“ unterstellt wird - weltweit geltende Praxis ist und bei uns durch Artikel 23,3 gedeckt war. Ich befürchte, man gewöhnt sich langsam an das rückwirkende Anlegen von späteren Rechtsmaßstäben, und die Entwöhnung breiter Bevölkerungskreise von juristischem Denken hat auch Juristen ergriffen, die mit moralisierenden Erklärungen operieren.

Christian Stappenbeck, Berlin-DDR

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