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Enzyme aus dem Synthesizer

■ Amerikanische Wissenschaftler aus Colorado stellen künstliche Eiweißstoffe her / Mr. Ponnamperuma von der Universität Maryland hält an der Ursuppen-Theorie fest

Erstmals ist es gelungen, ein künstliches Enzym im Labor zu synthetisieren. Enzyme sind jene Eiweißstoffe, die sämtliche chemischen Reaktionen im Pflanzen- und Tierreich regulieren. Sie kontrollieren den Abbau von Nährstoffen, die Übertragung von Nervenerregungen und die Muskelaktivität. Enzyme bestehen wie alle anderen Eiweiße aus einer oder mehreren Aminosäureketten, die mehr oder weniger in sich selbst und miteinander verschlungen sind. Einfache Ketten dieser Art, genannt Peptide, werden mittlerweile ohne große Schwierigkeiten im Labor hergestellt.

Die Peptide von Enzymen sind auf komplizierte Art und Weise so verknäult, daß sich die „Schwänze“ ihrer Aminosäuren zu bestimmten chemischen Konfigurationen zusammenlegen. An dieser Stelle, der „active site“, bindet das Enzym sein Substrat, den Stoff, dessen Umwandlung es mit Hilfe anderer Substanzen katalysiert. Nach erfolgter Reaktion löst sich das nun veränderte Substrat wieder. Das Enzym kehrt in seinen Urzustand zurück und kann ein weiteres Substrat aufnehmen. Ein Enzym ist spezifisch für nur ein Substrat, katalysiert nur eine bestimmte Reaktion und wird von ganz bestimmten Hemmstoffen in seiner Funktion gestört.

Enzymforscher John Stewart von der Universität Colorado schaute die Konfiguration des „active site“ für sein Kunstprodukt von dem in Säugern auftretenden Enzym „Chymotrypsin“ ab. Er baute dessen „katalytische Triade“, eine Verbindung aus den „Schwänzen“ dreier Aminosäuren, im Labor nach. Spätere Tests ergaben: Das künstliche „Chymohelizym-1“ verhält sich wie Chymotrypsin. Es ist spezifisch für die gleichen Substrate und katalysiert, allerdings mit nur einem Hundertstel der Geschwindigkeit von Chymotrypsin, die gleichen Reaktionen.

Nicht nur die Enzymforscher, sondern auch die medizinische Fachwelt und die Pharmaindustrie interessiert sich für künstliche Enzyme. So ist es vorstellbar, daß in Zukunft Stoffwechselkrankheiten, die auf fehlende oder defekte Enzyme zurückgehen, mit künstlichen Enzymen behandelt werden können. Und die Pharmahersteller träumen von einer Zukunft, in der sie sämtliche Medikamente mit Hilfe von künstlichen Enzymen im Labor synthetisieren können, anstatt sie aus pflanzlichen und tierischen Geweben extrahieren zu müssen. Enzyme entstehen gegenwärtig nicht nur im modernsten Beckman -Synthesizer, sondern auch in Cyril Ponnamperumas Ursuppe.

Ponnamperuma von der Universität Maryland ist seit 30 Jahren dem Ursprung des Lebens auf der Spur. Ein Rezept, nach dem vermutlich vor über drei Milliarden Jahren das Leben auf der Erde entstand, erprobt er im Labor: Man nehme eine Portion Methan, etwas Ammoniak, Wasser und eine Priese Mineralien. Dieses Gebräu malträtiere man mit Blitzen und UV -Strahlung. Es entstehen - die Bausteine des Lebens, Aminosäuren. Ponnamperuma und Kollegen fischten „fast alle der 20 am häufigsten auftretenden Aminosäuren“ aus ihrer künstlichen Ursuppe. Kürzlich gelang Ponnamperuma ein weiterer Coup. Bei einem Kochversuch entstand im Gebräu ein einfaches Molekül, bestehend aus fünf oder sechs Aminosäuren, das „sich wie ein Enzym verhält“. Die von diesem Ur-Enzym regulierte Reaktion spielt eine entscheidende Rolle in der tierischen Atmung und der pflanzlichen Photosynthese.

Silvia Sanides

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