AL: SPD will SO36 für Yuppies

■ Kreuzberger AL fordert sofortigen Stopp für Wohnungsbau / „Katastrophale Infrastruktur“ erfordere mehr Kitas und Schulen

Kreuzberg. Einen Baustopp für sämtliche größeren Wohnungsbauprojekte in Kreuzberg forderte gestern die Kreuzberger AL, solange die notwendigen Kindertagesstätten und Schulen nicht ebenfalls fertiggestellt werden. „Den Kreuzbergern steht das Wasser bis zum Hals“, meinte der AL -Bezirksverordnete Rainer Bohne. Im Kreuzberger Bauamt liegen derzeit Anträge auf etwa 1.000 Wohnungen. Noch mehr Wohnungen seien geplant, etwa am Blumengroßmarkt, im Block des Postamtes an der Halleschen Straße, auf dem Gleisdreieckgelände oder an der Kreuzbergstraße. Für den Bereich um den Blücherplatz existiert ein Gutachten des Stadtplaners Hofmann-Axthelm, 1.400 Wohnungen dort zu bauen. Dabei platzen die Schulen jetzt schon aus allen Nähten, Klassenfrequenzen von über dreißig Kindern seien üblich. Man brauche mindestens ein Viertel mehr Schulklassen, so die AL. 3.000 Kinder sind auf der Warteliste für einen Kita-Platz, soziale Projekte wie das Gesundheitshaus am Mariannenplatz wurden gekippt. Seit langem geplante Parks, beispielsweise auf dem Gelände des Gleisdreiecks drohen daran zu scheitern, daß die Bundesbahn dieses Gelände für einen Verwaltungsbau beansprucht. Über zehntausend Kreuzberger sind in den letzten drei Jahren zugezogen, vor allem nach Kreuzberg 61, das „immer schon beliebter gewesen ist als SO36“, so Bohne. Kreuzberg ist damit der am dichtesten besiedelte Berliner Bezirk: Während hier 13.365 Einwohner auf einem Quadratkilometer wohnen, sind es etwa in Charlottenburg 5.732 Einwohner, in Zehlendorf nur 1.343 Einwohner. Auf jeden Kreuzberger kommen statistisch nur etwa sechs Quadratmeter Grünfläche. Spekulanten bauen inzwischen selbst Kellerräume in Wohnräume um, jeder Dachausbau würde genehmigt. „Die Kinder, die unter solchen Bedingungen praktisch auf der Straße aufwachsen müssen, sind die Jugendbanden von morgen“, hieß es.

Die sozialdemokratische Mehrheit im Bezirksamt sei, laut AL -Auffassung, nicht in der Lage, diese Probleme zu erfassen. Die SPD betrachte Kreuzberg als kommenden innerstädtischen Bezirk für alleinstehende Yuppies. So hätten die Sozialdemokraten vorgeschlagen, vornehmlich Ein- und Zweizimmerwohnungen zu bauen, die für Familien ungeeignet seien, in der Hoffnung, daß man dann eben keine Kitas und Schulen mehr bräuchte. Dabei wohnten genug Kreuzberger Familien aus „blanker Not“ in so engen Wohnungen. Statt dessen solle sich die SPD lieber bei ihren Senatoren Nagel und Meisner dafür einsetzen, daß das nötige Geld für die Infrastruktur nach Kreuzberg fließen werde. Die SPD will in der nächsten BVV einen Antrag einbringen, weitere 1.500 Wohnungen in Kreuzberg zu bauen. Die AL stellt in der Kreuzberger BVV die zweitgrößte Fraktion und die Baustadträtin.

esch