piwik no script img

Warum der „Krempelmarkt“ so leer ist

■ Importe nach Polen sind erlaubt, Exporte werden hoch besteuert / Polnische Reisebusse aus dem Stadtbild verschwunden

Warschau. Seit Tagen ist der Berliner „Krempelmarkt“ wie leergefegt, polnische Reisebusse wurden seit geraumer Zeit nicht mehr gesichtet, und an Polens Grenzübergängen für den Personenverkehr sind die Schlangen verschwunden. Woher kommt's? Zum einen haben Polens Zollbeamte begonnen, ab 1. Juli konsequent einige Paragraphen aus dem Wirtschaftsrecht anzuwenden. Dort nämlich steht, daß jeder, der im Außenhandel tätig sein will, beim zuständigen Gericht gemeldet, eine Steuerkarte, ein Bankkonto und eine Identifizierungsnummer haben muß. Und ab 1. Juli dürfen nur solche Personen noch Waren, die ihren Eigenbedarf übersteigen, ein- oder ausführen. Und der wird neuerdings sehr eng ausge legt.

Damit sei aber nur dem „wilden Export“, keinesfalls dem Import westlicher Waren nach Polen Einhalt geboten, betont Zygmunt Janczyk, Pressesprecher des polnischen Hauptzollamtes. Seit Januar hätten sich in ganz Polen 45.000 Gewerbetreibende angemeldet, drei Viertel von ihnen seien im Handel tätig. Diese legalen Importeure würden nun die Versorgung Polens mit Westberliner Bananen, Videogeräten und Radios übernehmen. Allerdings sei mit der neuen Methode sichergestellt, daß sie dafür auch Umsatzsteuer, Zoll und eventuell Einkommensteuer bezahlten. Auch ausführen dürften sie natürlich - unter Beachtung der entsprechenden Ausfuhrkontingente, Zölle und Abgaben. Für den „wilden Handel“ auf dem „Krempelmarkt“ und anderswo bleibe da wenig Platz.

Auch für das Verschwinden polnischer Reisebusse - mit und ohne Händler - hat Janczyk eine Erklärung: Seit dem Inkrafttreten der Währungsunion verlangten die Zollbeamten der DDR von den Reiseunternehmen bei Überschreiten der Grenze eine Abgabe in Höhe von 75 Pfennig pro Passagier und Transitkilometer, was dazu führe, daß ein Bus für die Fahrt nach (West-)Berlin durchschnittlich 250 DM zahlen müsse.

Hinzu kommt, daß viele Touristen in Polen nach wie vor darüber im unklaren sind, ob für West-Berlin nun die Visumpflicht eingeführt wurde oder nicht. Angenehme Folge dieser Veränderungen: Touristen, die mit dem eigenen Wagen in Richtung Westen wollen, müssen nun der Händler wegen nicht mehr stundenlang warten. Die Abfertigung für PKWs erfolge schnell und unbürokratisch, meldete das polnische Fernsehen. Schlangen gibt es dafür bei der Abfertigung von LKWs.

Klaus Bachmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen