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Privater Rundfunk in der DDR

In der DDR sollen voraussichtlich noch im Herbst private Rundfunksanstalten zugelassen werden. Sein Ministerium nehme bereits Anträge für den Betrieb privater Rundfunk- und Fernsehanstalten entgegen, erklärte der Minister für Medienpolitik, Gottfried Müller, am Donnerstag vor der Ostberliner Volkskammer. Über die Genehmigungen hätten endgültig die noch zu bildenden Länder zu befinden.

Der Privatfunk soll dem stellvertretenden CDU-Vorsitzenden zufolge gleichzeitig mit der Bildung der fünf Länder zugelassen werden. Das ist der Kernpunkt des Entwurfes eines Rundfunküberleitungsgesetzes, der in Auszügen der Volkskammer vorgetragen wurde. Der SPD-Vorsitzende Wolfgang Thierse sagte allerdings, der zuständige Parlamentsausschuß habe den umstrittenen Vorentwurf des Medienministeriums einstimmig abgelehnt.

„In den Ländern soll es künftig private, regionale Rundfunkstationen geben“, erklärte der Minister. In der DDR müsse in Zukunft das duale Rundfunksystem anerkannt werden. Die Medienhoheit werde jedoch bei den Ländern liegen. Das Überleitungsgesetz ist nach Ansicht von Müller ein entscheidender Beitrag zur „Beruhigung“ der um ihre Arbeitsplätze fürchtenden DDR-Journalisten. Ziel des neuen Gesetzes sei eine Entflechtung zwischen Staat und Journalismus.

In der Aussprache kritisierten Parlamentarier aller Fraktionen die Arbeit der DDR-Medien. Der DSU-Politiker Jürgen Schwarz, Vorsitzender des zuständigen Volkskammer -Ausschusses, sagte, er vermisse „Ausgewogenheit, sachliche Berichterstattung und das Unterscheiden von Nachricht und Kommentierung“. Alle Führungspositionen müßten neu besetzt werden, forderte der DSU-Politiker. Der SPD-Abgeordnete Ibrahim Böhme sagte, die Politikerbeschimpfungen in den DDR -Medien seien inzwischen „unerträglich“ geworden.

ap

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