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Sowjetisches Giftgas lagert in der DDR

■ UdSSR übte unter alter DDR-Regierung mit Chemiewaffen / SED-Führung war eingeweiht

Berlin/Mainz (taz) - In der DDR lagern große Mengen an sowjetischem Giftgas. Truppen der Roten Armee und die Nationale Volksarmee (NVA) hielten sogar mit den bislang verleugneten Chemiewaffen „defensive C-Waffen -Einsatzübungungen“ auf DDR-Boden ab. Von diesen sowjetischen Giftgas-Projekten wußte auch ein Teil der alten SED-Führung unter Erich Honecker. Jedoch wurden alle Eingeweihten aus der ehemaligen Staatspartei und der NVA intern zu Stillschweigen und Falschinformation verpflichtet. Dies geht hervor aus taz-Recherchen bei Friedensforschern, DDR- und westdeutschen Ministerien sowie aus Informationen des SPD-Bundestagsabgeordneten und Abrüstungsexperten Karsten Voigt. SED-Aussteiger bestätigen diese Informationen. Das DDR-Ministerium für Abrüstung und Verteidigung selbst bestreitet die Lagerung des Giftgases nicht mehr. Ein Vertrauter von Minister Eppelmann kritisierte die Geheimniskrämerei in Sachen Giftgas.

Dem SPD-Abrüstungsexperten Voigt zufolge wurde die SPD 1985 bei den Verhandlungen zwischen SPD und SED über eine chemiewaffenfreie Zone in Mitteleuropa von der Führung der DDR-Staatspartei „falsch informiert“. So behaupteten SED -Unterhändler wider besseren Wissens, in der DDR gebe es kein sowjetisches Giftgas. Erst jetzt gestanden reuige Ex -SEDler zumindest gegenüber der SPD den Giftgas-Betrug ein. Fraglich werden jetzt auch die SED-Dementis zu einer getarnten Giftgasfabrik der UdSSR: Das VEB Arzneimittelwerk Dresden soll zumindest vor 1985 „zeitweilig“ auch chemische Kampfstoffe produziert haben.SEITE 5

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