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Verfassungsexperten „überzeugen“ Wohlrabe

■ Parlamentspräsident will Gesetz zur Akademieauflösung ausfertigen

Berlin. Parlamentspräsident Wohlrabe (CDU) will nun offenbar doch das umstrittene Gesetz über die Auflösung der Westberliner Akademie der Wissenschaften ausfertigen, damit es vom Regierenden Bürgermeister verkündet werden und in Kraft treten kann. Verfassungsexperten hätten ihm zur Ausfertigung geraten, sagte Wohlrabe nach einem Bericht des 'Tagesspiegels‘. Ein Experte unterstrich in einem Schreiben an Wohlrabe, daß es kein höchstrichterliches Urteil zu der wesentlichen Frage gebe, ob aus der im Grundgesetzartikel 5 garantierten Freiheit der Wissenschaften auch eine Bestandsgarantie abzulesen sei. Außerdem könne nur ein ausgefertigtes Gesetz gerichtlich nachgeprüft werden.

In einem in der Berliner Parlamentsgeschichte bislang einmaligen Schritt hatte sich Wohlrabe zu Beginn der von ihm beantragten äußerst seltenen dritten Lesung Ende Juni außerstande gesehen, das Gesetz auszufertigen. Er hatte damit argumentiert, daß nach seiner Überzeugung das Gesetz verfassungswidrig sei. Der Senat hatte in seiner Koalitionsvereinbarung festgelegt, die Westberliner Akademie vor allem wegen der konservativen Grundhaltung der 30 Mitglieder aufzulösen.

Während die CDU-Opposition der Akademie „Signalwirkung für Wissenschaftler und für Firmen“ zuschreibt, hat sich für Wissenschaftssenatorin Riedmüller (SPD) nach der Maueröffnung die wissenschaftliche Situation „grundlegend geändert“. Künftig werde es nur noch eine Akademie der Wissenschaften für beide Teile Berlins geben können, „und dies kann keine der bisherigen Akademien sein“. Der im Gesetz vorgeschriebene Auflösungstermin ist auf den 31.Dezember 1990 hinausgeschoben worden. Dahinter stehe die Erwartung, daß nach der Wiederherstellung der Einheit durch Gesamtberliner Wahlen im Dezember und durch Ablösung des Viermächtestatus das BVG auch in Berlin zuständig sein werde.

dpa/taz

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